Abendlied Ernst Moritz Arndt Der Tag ist nun vergangen, Und dunkel schläft die Welt, Die hellen Sterne prangen Am blauen Himmelszelt; Nur in den grünen Zweigen Singt noch die Nachtigall, Im weiten tiefen Schweigen Der einz'ge Lebensschall. Ich aber, Vater, stehe In meiner Hüttenthür, Und schau' hinauf zur Höhe Und schau' hinauf zu dir; Wie gerne möcht' ich klingen Als helle Nachtigall, Dir Lob und Dank zu bringen Mit tiefem Schmerzensschall! Ja mit dem Schall der Schmerzen: Denn geht die Nacht herauf, So springt in meinem Herzen Ein Quell der Thränen auf, Der Thränen und der Klagen: Du, Vater, weißt es best, Was singen nicht und sagen, Was sich nicht sprechen läßt. Du kennest meinen Kummer, Der auf gen Himmel blickt, Wann für den süßen Schlummer Die ganze Welt sich schickt, Womit so schwer beladen Mein Herz nach oben schaut, Nach jenem Born der Gnaden, Der Labsal niederthaut. Ja, deine süße Liebe Die tröstet mir den Schmerz, Ja, deine süße Liebe Die stillet mir das Herz, Die löst in heißen Thränen Das Eis des Busens auf Und stellet Sinn und Sehnen Zum hohen Sternenlauf. O laß mich ewig schauen Im stillen Kindersinn Zu jenen güldnen Auen, Woher ich kommen bin! O richte Herz und Sinne, Mein Vater, für und für Zu deiner süßen Minne, Zum Himmel hin, zu dir! So mag ich froh mich legen Nun mit der Welt zur Ruh, Mein Amen und mein Segen, Mein Wächter das bist du; So mag in deinem Frieden Ich fröhlich schlafen ein, Dort oben und hienieden, Im Schlaf und Wachen dein.
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