„Kontrahage! Zeugen! Duell!“ In Arthur Schnitzlers Beitrag zu vorliegender Liebesgeschichtensammlung, der schlicht mit „Mizzi“ betitelt ist, deutschtümelt es, denn schon damals, zu Beginn des Jahrhunderts, trieben Burschenschafter ihr Unwesen in der österreichischen Hauptstadt und wohl auch zu Lande. Alemannen gibt es da etwa, die im Schein einer Laterne als solche zu erkennen sind, denn damals mussten sie sich noch verstecken. Die Frage der Ehre spielt eine große Rolle und der Protagonist, frägt sich, ob er sich wirklich mit einem betrunkenen Studenten schlagen soll, er, der 35-jährige Arzt und Vater eines Kindes? Und das alles nur wegen einer „dummen Rempelei“? Schließlich flüchtet sich Fridolin, so der Name des Arztes, zu einer Dirne und als er sich mit einem raschen Blick umdreht, merkt er sich die Hausnummer, denn er will dem lieben armen Ding am nächsten Tag Wein und Näschereien schicken, denn Geld wollte sie keines. Ist das Liebe?
Liebe im Zoo
Eine Liebe im Wiener Zoo findet etwa der amerikanische Schriftsteller John Irving in vorliegender Anthologie zur österreichischen Hauptstadt. Ein junger Motorradfahrer probt in dieser Geschichte seine Tauglichkeit zum Liebhaber, aber auch im Augartenpark radeln Verliebte oder die Enkelin eines NS-Opfers und der Enkel eines Täters unterhalten sich. Im Laptop eines Wiener Dozentenzimmers landet die erste Mail einer Internetliebschaft, die sich als erstaunlich resistent gegen Nordwind erweist. Viele Wiener Liebesgeschichten werden in vorliegender Sammlung des Diogenes Verlages erzählt, darunter weitere von Daniel Glattauer, John Irving, Chris Kraus, Arno Geiger, Joseph Roth, Arthur Schnitzler, Lea Singer und vielen mehr. Chris Kraus, die deutsche Regisseurin, nicht die amerikanische Autorin des Bestsellers „I love Dick“ erzählt von Toto und Zazie, ein Dialog der im Augartenpark beim Flakturm stattfindet, aber nicht der vom Augarten, sondern der vom Esterhazypark. Am Ende starrt Toto in eine Neonreklame.
Wiener Melange zum Lesen
„Wiener Melange“ ist eine gute Einführung in das Liebesleben der österreichischen Hauptstadt und ganz nebenbei lernt man so auch seine Bewohnerinnen und Bewohner kennen, wie sie essen, trinken und vor allem lachen. Ein Werknachweis am Ende des Bandes ermöglicht das Auffinden der ausgewählten Beiträge im Original und führt so vielleicht zur Entdeckung einer neuen Liebe: Wien! Ob sie Geld will?
Anna von Planta
Wiener Melange
Liebesgeschichten aus Wien
Ausgewählt von Anna von Planta
Taschenbuch
240 Seiten
erschienen am 28. März 2018
ISBN: 978-3-257-24439-7
€ (D) 10.00 / sFr 13.00 / € (A) 10.30
[*] Diese Rezension schrieb: Jürgen Weber (2018-04-16)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.