Mit ihren Romanen „Das Lächeln meiner Mutter (2013) und „Nach einer wahren Geschichte“ 2016) wurde die 1966 geborene französische Schriftstellerin Delphine de Vigan auch in Deutschland einem größeren Publikum bekannt.
Die Art und Weise, wie sie in beiden bei Dumont in Köln erschienenen Romanen biographische Erfahrungen literarisch verarbeitete, hat mich damals sehr angesprochen und begeistert.
Durch diesen Erfolg ermutigt, hat der Dumont Verlag nun ein Buch veröffentlicht, das 2001 das literarische Debüt de Vigans war und das sie damals wohl auch wegen dem biographischen Charakter und der sehr persönliche Thematik unter dem Pseudonym Lou Delvig veröffentlichte.
In „Tage ohne Hunger“ erzählt sie von der 19-jährigen Laure, die unter einer schweren Magersucht leidet. Als die Krankheit ihr Leben bedroht und ohne rasche Hilfe der baldige Tod droht. Wer den Arzt, der sie anruft und ihr regelrecht befiehlt, sofort in seine Klinik zu kommen, über ihren Zustand informiert hat, bleibt im Dunkel. Sie wartet noch einige Tage, unschlüssig, was sie tun soll: „In ihrem Bauch klopfte der Tod, sie konnte ihn berühren.“ Und sie wählt die Nummer des Krankenhauses.
Dort macht sie jeden Tag Notizen darüber, was mit ihr passiert, wie sie sich fühlt. Sie schreibt über ihre Beziehung und ihre Beziehung zu ihrem Arzt, Dr. Brunel und zu manchen ihrem Mitpatienten. Sie berichtet ihrem Notizbuch von ihrem dauernden Kampf, von ihrer Sehnsucht nach dem alten Zustand, von der Kraft, die sie aufbringt, durchzuhalten und was ihr dabei hilft.
Diese Notizen werden ihr Jahre später, als sie längst wieder in ein normales Leben zurückgekehrt ist und Mutter zweier Kinder geworden ist, helfen, dieses Buch zu schreiben, unter dem Schutz eines Pseudonyms, aber nicht weniger offen und ehrlich. Später dann wird sie mit ihren weiteren Romanen auch öffentlich mit ihrem Namen dafür stehen, dass sie persönlich Erlebtes und Erfahrenes auf eine Weise literarisch verarbeitet, die dem Leser Respekt abringt.
„Noch heute sagt sie trotz der vielen Jahre, die vergangen sind, und trotz der Lebensfreude, die sie wiedergefunden hat, genau das, wenn sie davon spricht: Er hat mir das Leben gerettet.“
Eine ganz außergewöhnliche und wertvolle Heilungsgeschichte, die unter die Haut geht und nicht nur Betroffenen Mut zum Leben vermittelt.
Delphine de Vigan, Tage ohne Hunger, Dumont 2017, ISBN 978-3-8321-9837-4
[*] Diese Rezension schrieb: Winfried Stanzick (2017-11-15)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.