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Gaby Wurster - Lissabon Ein Reisebegleiter
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Wurster, Gaby - Lissabon Ein Reisebegleiter bestellen
Wurster, Gaby:
Lissabon Ein
Reisebegleiter

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(Bücher frei Haus)

Von Jürgen Weber

„Das praktische Leben schien mir immer der unbequemste aller Selbstmorde zu sein“, schrieb einst der „Heimatdichter“ Lissabons, Fernando Pessoa. Sein Werk ist so untrennbar mit dieser Stadt verbunden, dass man über das eine nicht ohne den anderen sprechen kann und natürlich ist auch in Gaby Wursters intelligentem Reisebegleiter von Pessoa die Rede. Im „O Glocken meines Dorfes“ betitelten elften Spaziergang kann der Leser quasi einen ganzen Tag alleine mit Pessoa und den seinen verbringen, denn er führt an die verschiedenen Adressen und Wohnorte seiner Heteronyme und von ihm selbst. Die Pessoa-Forschung hat bis heute immerhin 72 verschiedene solcher Heteronyme ausgeforscht, die der Schriftsteller in seinem unglaublichen Werk festgehalten hat, er wollte nämlich nicht vom Leben gelebt werden, sondern selbst sein Leben verändern und sich vervielfachen: „Ich vervielfachte mich, um mich zu fühlen/ Ich musste alles fühlen, um mich zu fühlen/ Ich trat aus den Ufern und strömte über, /Entkleidete mich und gab mich hin,/ Und in jedem Winkel meiner Seele raucht ein Altar für einen anderen Gott.“ Der wortgewaltige Schriftsteller ist übrigens vom Schweizer Ammann Verlag neu aufgelegt worden, wer sich mit ihm auf seine Lissabon-Reise eintunen will, tut gut daran.

So vielfältig wie Pessoas Persönlichkeitsstruktur ist auch seine Stadt, Lissabon, die hier in weiteren zehn Spaziergängen und zwei Ausflügen in die nähere Umgebung ( Serra da Sintra und Mafra und Ericeia) besucht wird. Fotos der bekanntesten und schönsten Bauwerke und Monumente begleiten die sorgfältig geschriebenen Beiträge. So findet sich etwa das „Weltkartenmosaik“ am Padrao dos Descobrimentos auf dem ersten Foto und die meisten Besucher legen sich selbst auf die Weltkarte zu ihrem Land und lassen ein Foto als Erinnerung machen: die Welt ist nämlich auch in Lissabon zu Hause. Im 13. Jahrhundert ff. war Lissabon eine Handels- und Kulturmetropole und auch Hauptstadt eines Weltreiches: Brasilien (1500-1822), Portugiesisch-Guinea (Guinea-Bissau), Portugiesisch-Ostafrika (Mocambique), Portugiesisch-Timor, Portugiesisch-Westafrika (Angola). Was von dem portugiesischen Weltreich als Erbe überblieb, wird gerne als Saudade beschrieben: die Melancholie über den Verlust oder gemeinhin eine nostalgische Lebenseinstellung, die gerne im berühmten Fado gesungen und betanzt wird. Wehmut und Weltschmerz sind auch heute noch prägende Eigenschaften eines Landes auf der Suche nach seiner kulturellen Identität. „No gosto de ser triste“, wie Saudade gerne umschrieben wird: der Genuss, traurig zu sein, dem kann auch heute noch in vielen Fado-Lokalen in der Alfama, Madragoa oder im Bairro Alto nachgegangen und gehuldigt werden.

Vorliegender Reisebegleiter zeichnet in Quartierskarten auch die Spaziergänge nach, die einem empfohlen werden, so kann man sich immer wieder gut zurechtfinden. Eine kleine Einführung in die Kaffeekultur Portugals mit dem überschwänglichen Titel „Konjunktion des Glücks“ weiht den Leser in ein paar Geheimnisse der portugiesischen Sprache ein und empfiehlt auch ein paar Orte, wo diesen Genüssen nachgegangen werden kann. Insgesamt sind die Spaziergänge allesamt literarisch und historisch und lassen einen teilhaben, an der wunderschönen Stadt am Tejo, die besonders auch nachts lebendig ist. Kein Wunder also, dass Pessoa sie in all ihren Zügen und Facetten als ein jeweils anderer erfahren und erfassen wollte: das Glück liegt im Detail.

Gaby Wurster
Lissabon
Ein Reisebegleiter

2006
Insel Taschenbuch Verlag
190 Seiten
ISBN: 978-3-458-34902-2
10,00.-€

[*] Diese Rezension schrieb: Jürgen Weber (2008-12-05)

Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.


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