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Sam Wood - Wem die Stunde schlägt
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Wood, Sam:
Wem die Stunde schlägt

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(Bücher frei Haus)

Die ersten 4 Minuten 20 wird die Leinwand in nächtliches Schwarz getaucht und es erklingt die unglaublich wunderschöne von Victor Young, der die weiteren 166 Minuten die Handlung des Films wesentlich beeinflussen und begleiten wird. „Wem die Stunde schlägt“ (Originaltitel: For Whom the Bell Tolls) ist die Verfilmung des gleichnamigen Romans von Ernest Hemingway, der selbst im Spanischen Bürgerkrieg, dem Ort der Handlung der Geschichte gedient hat. Der Spanische Bürgerkrieg (1936−1939), dessen Ausbruch sich im nächsten Jahr zum 70. Mal jährt war so etwas wie ein Fanal für das damalige Europa, in dem der Siegeszug des Faschismus schon vorweggenommen wurde, denn trotz der Beteiligung internationaler Brigaden konnte der Sturz der legitimen republikanischen Volksfront-Regierung Spaniens nicht verhindert werden. Das faschistische Italien und das nationalsozialistische Deutschland erprobten an der Seite des Putschistengenerals Franco ihr neues Kriegsmaterial und den Ernstfall: die Eroberung ganz Europas bis hin zum Ural. Dank solcher Helden wie Hemingway und anderer Brigadisten, aber natürlich auch des spanischen Volkes wurden die Faschisten aber zumindest für drei Jahre aufgehalten. Der Fall der Republik hatte übrigens eine ähnliche Flüchtlingsbewegung zur Folge wie wir sie heute aus unseren Tagen kennen. Aber auch sonst drängen sich viele Parallelen auf.

Aufruhr in der Höhle
Die Geschichte, die mit Gary Cooper und Ingrid Bergman in den Hauptrollen 1943 verfilmt wurde erzählt wie eine kleine Guerillagruppe in den Bergen versucht, eine Brücke, die den Nachschub der Faschisten unterstützt, zu sprengen. Dabei kommt es bei der Gruppe, die gezwungen ist, sich in einer Höhle zu verstecken, aber immer wieder zu Reibereien, was aufgrund des beschränkten Raumes und der ständigen Bedrohung von außen auch sehr nachvollziehbar ist. So streiten sich zum Beispiel Pablo und Pilar, die Zigeunerin oft um die Führung in der Gruppe: „Take the way from your ears, I command“, sagt Pilar, die Zigeunerin und Pablo gibt nach. Einst haben sie gemeinsam Seite an Seite gekämpft, aber Pablo ist dem Alkohol verfallen und schwach geworden. „Can you at least read the clock?“ wird Pablo gefragt. „Off course: 12 o’clock hunger, 6 o’clock drunk“. Das Kammerspiel, das manchmal dem platonischem Höhlengleichnis ähnelt, stellt sich immer wieder moralische Dilemmas. So soll Pablo von der Gruppe ermordet werden, weil er nichts von der Sprengung der Brücke hält, die eigentlich die Idee des Ausländers, des „Ingles“ wie sie ihn nennen, ist. Es wird beschlossen Pablo zu töten, aber er ist der einzige der den Weg für den Rückzug aus den Bergen kennt. Früher war er anders, erzählt Pilar. Heute ist er listig oder schwach und weiß nicht mehr was er will. Kommt es vom Alkohol? Als es in der Nacht geschneit hat, sind alle Mordpläne verflogen.

Kammerspiel mit moralischem Tiefgang
Der erste Schnitt führt vom Kriegsschauplatz, einer Sprengung eines Eisenbahnzuges, direkt auf eine Flamencobühne. Danach spielt der Film hauptsächlich in den Bergen in der Höhle oder beim Kampf vor der Brücke. Trotz der unwirtlichen Situation verlieben sich Roberto, der Ingles, und Maria ineinander. „Ich mache Scherze, weil ich glücklich bin“, sagt Roberto zu Maria. Aber Pablo mokiert sich über ihn: „Der Professor hat keinen Bart, er ist ein falscher Professor.“ Roberto war Dozent an einer amerikanischen Universität, aber jetzt kämpft er lieber für die Republik in einem fremden Land, weil er den Faschismus in Europa aufhalten will. Eine brisante Schlacht in den Bergen mit Franquisten und einem anderen versprengten republikanischen Trupp („El Zordo“) stellt die Höhlengruppe dann vor ein weiteres moralisches Dilemma: ihnen helfen und das Unternehmen „Sprengung der Brücke“ riskieren? Oder sie sterben lassen und das Unternehmen, das sehr viel mehr für die Republik bringt, zum Erfolg bringen? Maschinengewehre, Flugzeuge, Panzer, berittene Soldaten werden aufgeboten und auch die Action kommt in diesem Kammerspiel schließlich nicht zu kurz.

„Adios! Wir sehen uns bald wieder!“
Die Wandlung Pablos vom Saulus zum Paulus ist nachvollziehbar geschildert, denn er war früher ja schon ein Paulus und wurde nur durch den Krieg zum Saulus. Der Auftritt des Eichhörnchens markiert den letzten Handlungsakt in dem dieser großartige Film zu einem dramatischen Ende geführt wird. Roberto und Maria, das große Liebespaar, werden in den letzten Minuten des Films auf eine große Probe gestellt: „Du bist ich, das ist die einzige Möglichkeit wie ich jetzt gehen kann. Nur durch dich. Du bist ich und ich bin du. Wenn du gehst, werde ich mitgehen. Ich werde immer bei Dir sein, wir werden nie mehr getrennt sein. Kein `Auf Wiedersehen!´, denn wir sind nicht getrennt voneinander.“
Sowohl der Soundtrack von Victor Young („For Whom the Bell Tolls.“-Suite) als auch die schauspielerischen Leistungen von Gary Cooper (Robert Jordan), Ingrid Bergman (María) und besonders Katina Paxinou (Pilar) sowie Akim Tamiroff (Pablo) wurden gelobt. Katina Paxinou, die die schmutzige herrische Zigeunerin spielte, bekam sogar einen Oscar für ihre Interpretation der Pilar, einer starken Frauenfigur, wie man sie sich auch im wirklichen Leben nur wünschen kann.

Sam Wood
Wem die Stunde schlägt
Originaltitel: For Whom the Bell Tolls
USA, Deutsch/Englisch, 1943, 170 / 130 (gekürzte Fassung) Minuten
Altersfreigabe FSK 12
Musik: Victor Young
Mit Gary Cooper, Ingrid Bergman, Katina Paxinou, Akim Tamiroff, Mikhail Rasumny, Vladimir Sokoloff

[*] Diese Rezension schrieb: Jürgen Weber (2015-11-20)

Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.


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