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Hans Woller - Mussolini. Der erste Faschist. Eine Biografie
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Woller, Hans - Mussolini. Der erste Faschist. Eine Biografie bestellen
Woller, Hans:
Mussolini. Der erste
Faschist. Eine Biografie

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(Bücher frei Haus)

Mussolini wurde als Sohn eines Hufschmieds und Gastwirts und einer Grundschullehrerin 1883 in der Emilia Romagna’schen Provinz geboren. Sein Geburtsort Predappio unterschied sich damals kaum von tausend anderen gottverlassenen Provinznestern im ländlichen Italien, wo nur jeder zweite lesen und schreiben konnte und der junge Benito mit seinen zwei Geschwistern in zwei Zimmern relativ privilegiert aufwuchs. Denn die Legende von der Armut, die oft um den Diktator konstruiert wurde, um ihn als Menschen aus dem Volk zu stilisieren, wird vom Autor ebenso wie andere Legenden, die sich um den Emporkömmling ranken, zurückgewiesen.

Mussolini: der Sozialist?
Der Vorname Benito stand übrigens für Juarez, den mexikanischen Revolutionär und Präsidenten, und sein zweiter Vorname Andrea für Andrea Costa, den ersten sozialistischen Abgeordneten im italienischen Parlament. Amilcare wiederum war eine Hommage an den Anarchisten Cipriani. In ihre Fußstapfen sollte der Sohn des Sozialisten Alessandro Mussolini treten und tatsächlich engagierte sich „der erste Faschist“ (Titel!) vorerst beim PSI und als Journalist der sozialistischen Parteipresse. Mussolini wurde aber schon im Herbst 1914 wegen „politischer und moralischer Unwürdigkeit“ aus der Partei ausgeschlossen. Mussolini hatte sich für seine eigene Zeitung „Il popolo d’Italia“ Geld vom Klassenfeind geholt, fiel aber auch damals schon durch seine liederliche Lebensführung auf. Mit 31 Jahren fing sein Aufstieg zum „duce“ vorerst mit krankhafter Sexsucht und prahlerischer Virilität an, denn trotz seiner fünf Kinder hatte Mussolini sein ganzes Leben lang immer wieder mehrere Liebhaberinnen an denen er sein „Exempel der Unterwerfung“ praktizierte.

Marsch auf Rom: abgeblasen
Nachdem er sich im Ersten Weltkrieg als Soldat verdingte, sammelte er 1919/20 eine kleine faschistische Bewegung um sich, deren Basis sich vor allem aus den Mittelschichten rekrutierte, wie auch Woller schreibt. Großagrarier und Großindustrielle verschafften der neuen Bewegung dann das notwendige Kleingeld, um die sozialistische Arbeiterbewegung zu sabotieren und deren führende Köpfe mit Rizinusöl zu traktieren, eine Foltermethode die von den faschistischen Schwarzhemden bei Verhören gerne angewandt wurde, um den Gegner zu demütigen. 1921 wurde der Partito Nazionale Fascista PNF mit einer eklektizistischen Ideologie aus Futurismus, Katholizismus und D’Annunzio gegründet, aber „keines ihrer Bestandteile war originell – aufsehenerregend und neu aber war die spezielle Mischung“, wie Woller schreibt. Mussolinis Machtübernahme, die in der faschistischen Mythologie gerne als prachtvoller „Marsch auf Rom“ dargestellt wird, wird von Woller allerdings ebenso entzaubert wie die Verdienste des vermeintlichen Führers der Nation und Imperator eines neuen (römischen) Weltreiches: gerade mal 5.000 Mann seien es gewesen, die der PNF am legendären 28. Oktober 1922 in Bewegung setzen konnte und nicht die vom Mythos kolportierten 300.000. Die Faschisten hatten anfangs nämlich gar keine Massenbasis: „Der legendäre Marsch auf Rom hat also überhaupt nicht stattgefunden. Er blieb Dutzende Kilometer vor der Hauptstadt im Schlamm stecken und wurde ganz abgeblasen, als Mussolini im Nachtzug nach Roms saß und praktisch schon Regierungschef war.“ Die überlebte und altersschwache Monarchie überließ einem Mann die Diktatur über einen Staat und ein Volk, das nach dem Krieg wieder zu nationaler Größe aufsteigen und eine Großmacht in der Welt werden wollte.

Mussolini: Antisemit, Rassist, Imperialist und Faschist
Als die Faschisten dann an der Macht waren überließen sie allerdings nichts mehr dem Zufall. Die Opposition wurde nicht nur verboten, sondern auch verfolgt, interniert und umgebracht. Wie Woller betont war Mussolini alles andere als der „harmlosere politische Bruder Hitlers“, denn auch wenn er vielleicht keinen Vernichtungskrieg gegen die Juden anzettelte und es keine Vernichtungslager gab, war Mussolini doch eine genauso großer Antisemit wie Hitler und wollte die Juden aus dem Land haben. Viele wurden auch umgebracht. Woller beschreibt Mussolini aber nicht nur als Antisemiten, sondern auch als Rassisten und Imperialisten. Der Genozid und die Verbrechen in Libyen und Abessinien (darunter Giftgaseinsatz) und die italienischen Eroberungszüge in Albanien, Griechenland und Jugoslawien standen den Verbrechen des nationalsozialistischen Deutschlands in keinem Punkte nach, außer vielleicht in deren Effizienz. Denn über die mangelnde Disziplin seiner neuen „italienischen Rasse“ mokierte sich sogar der selbsternannte Führer derselben, wie Woller in einschlägigen Zitaten eindrucksvoll und ebenso beklemmend nachweisen kann. Schonungslos weist der Autor die Verbrechen des faschistischen Regimes nach, das sich vor allem auch durch den Segen der konservativen und monarchischen Eliten am Leben halten konnte: Mussolini hatte Vittorio Emanuele nicht nur als König Italiens unangetastet belassen, sondern ihn auch zum „Kaiser“ eines neuen italienischen Imperiums gemacht, von Rom bis Alexandrien wollte sich Mussolini dann erst später zum neuen Cäsar krönen.

Eine Pflichtlektüre für Historiker und Italienadepten, die in vorliegender Lektüre auch viel über die Kultur unseres südlichen Nachbarlandes erfahren, das allzu gerne als niedlich belächelt wird und auch heute noch keinen erwachsenen Zugang zu seiner schrecklichen Vergangenheit gefunden hat, denn nicht einmal in Predappio gibt es ein Museum über die Verbrechen des Faschismus.

Woller, Hans
Mussolini. Der erste Faschist. Eine Biografie
2. Auflage 2016. 397 S.: mit 27 Abbildungen. Gebunden
ISBN 978-3-406-69837-8
26,95 € inkl. MwSt.

[*] Diese Rezension schrieb: jürgen Weber (2016-07-07)

Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.


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