Ein neues Kapitel der Raumfahrt wird aufgeschlagen. Die Menschheit fliegt endlich auf den Mars. Die Französin Sarah (Eva Green) ist als erste und einzige Frau mit dabei und fliegt mit zwei männlichen Kollegen, einem Amerikaner (Matt Dillon) und einem Russen, ins Weltall. "Proxima" ist der Name der Mission, die die Interessen der Menschheit in einer gemeinsamen Anstrengung bündelt. Denn die Vorbereitungen sind schwierig und laufen auf Hochtouren.
Mission to Mars
Auch Sarah muss ein hartes Training absolvieren. Dazu gehören etwa Atemübungen im Raumdress in einem Swimmingpool oder horizontales Joggen auf einem Laufband. Mehr noch als das körperliche Training kostet Sarah allerdings die Trennung von ihrer Tochter. Sie hatte es sich zwar ihr ganzes Leben lang schon gewünscht, eine Raumfahrerin zu werden, aber jetzt, wo sie kurz vor der Verwirklichung ihres Jugendtraumas steht, ist ihr ihre Tochter das Wichtigste. Vom Vater ihres Kindes hat sie sich zwar getrennt, aber er wird sich um die Kleine in ihrer Abwesenheit kümmern. Sie haben alle drei ein gutes, freundschaftliches Verhältnis und darum macht sie sich weniger Sorgen, als einfach über die Tatsache, dass ihre Tochter ihr abgehen wird. Nur 1,5kg an persönlichen Dingen dürfen die Raumfahrer auf ihre Mars Mission mitnehmen und natürlich darf ein Foto ihrer kleinen Tochter, Stella (Zélie Boulant-Lemesle), nicht fehlen. Auch das Armband mit ihrer beider Namen wird sorgfältig in einen Schuhkarton verpackt, den Sarah mit zum Mars mitnehmen darf. Die Regisseurin Alice Winocour verrät wenig über die genaue Mission, es geht in ihrem vielmehr um die Vorbereitung zur Mission als um die Mission selbst. Und in diesen Vorbereitungen steht vor allem das Verhältnis von Sarah und Stella im Mittelpunkt. Das Verhältnis zu ihren beiden Mars-Kollegen ist anfänglich nicht so besonders. Als Mike (Matt Dillon) Sarah als "Last-Minute Crew Mitglied" dem gesamten Proxima-Team vorgestellt, strotzt er nur so von Machismen. Auch das scheint sich in der (angedachten) Zukunft also nicht geändert zu haben. Denn Mike erwähnt doch tatsächlich, dass französische Frau gut kochen würden und sie deshalb ein Gewinn für das Team sei. Sarah betont bei ihrer Antrittsrede hingegen, dass sie schon als Kind - wohl im Alter von Stella - Raumfahrerin werden wollte und ihr endlich ein Traum erfüllt würde. Welchen Traum Stella wohl gerade träumt, wenn sie mit den Füssen ihrer Mutter unter dem Tische der Raumfahrtbehörde spielt?
Une française dans l'espace
"Jetzt wo die Zeit gekommen ist, die Erde zu verlassen, fühle ich mich so verbunden mit ihr wie noch nie." Die Regisseurin hat vor allem einen Film über einen Abschied gedreht und über die Träume der Jugend, die dann, wenn sie sich erfüllen, plötzlich bedeutungslos werden. Sie schreibt ihren Abschiedsbrief an Stella, und führt unzählige Video-Telefonate mit ihrer Tochter. Die Entscheidung zwischen Kind oder Karriere fällt Sarah nicht leicht, aber ihr Mann gibt ihr den Rat das italienische Sprichwort zu befolgen: Du wolltest ein Rad, jetzt rad-le! Doch als sie ihre Tochter aufgrund von Quarantänebestimmungen nur mehr durch eine Glasscheibe zum letzten Mal sehen darf, wird es Sarah zu blöd. Sie wagt einen Ausbruchsversuch aus ihrem engen Raumfahrer-Korsett und wird für einen kurzen Moment wieder zu der Mutter, die sie sich immer gewünscht hatte. Was Alice Winocour genau mit ihrem Film ausdrücken wollte hat sich mir zwar nicht erschlossen, aber als Beitrag zur weiblichen Eroberung des Mars kann er ohne weiteres gewertet werden. Vielleicht ist es aber nicht nur ein Film für Mütter und Töchter und ihr fragiles Verhältnis, sondern auch ein Film über den Abschied vor einer langen Reise. Sei es zum Mars oder in eine andere Welt.
Alice Winocour
Proxima - Die Astronautin (DVD)
Mit Eva Green, Zélie Boulant, Matt Dillon, Sandra Hüller, Lars Eidinger u.a.
2021, Drama, ca. 103 min
Sprachen: Deutsch, Französisch
Untertitel: Deutsch
Produktion Deutschland/Frankreich 2019
FSK ab 6
Koch Media Film
[*] Diese Rezension schrieb: Jürgen Weber (2021-11-24)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.