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A.J. Weigoni - Praegnarien

Ein Formerfinder trifft auf einen Allegorienschöpfer. Als gegenseitig
befruchtender Dialog zwischen bildender und lyrischer Kunst sollte man das
neue Künstlerbuch »Prægnarien« verstehen. Hieß es früher „Wer nicht hören will, muss fühlen.“, könnte man jetzt einfach behaupten „Wer nicht fühlend sehen will, muss lesen.“

Idiosynkrasie, schrieb Jürgen Habermas in seiner "Theorie des kommunikativen
Handelns", ist privatistisch und irrational. Letzterem zumindest scheinen
A.J. Weigoni und Haimo Hieronymus zuzustimmen, wenn sie über ihr neues
Künstlerbuch »Prægnarien« sagen, es habe nichts mit Logik zu tun.

Hieronymus mag das Individuelle des Strichs, empfindet im Glattgebügelten
reiner Ideenkunst beliebige Langeweile und gähnende Austauschbarkeit.
Weigoni verachtet die Bewertungskultur der Medien. Beide Artisten wollen als
Künstler nicht bewundert, sondern in treusorgender Ironie betrachtet werden,
ein Augenzwinkern nicht ausgeschlossen.

Als Formenfinder verknüpft Hieronymus bei dem Künstlerbuch »Prægnarien«
Drahtzeichnungen von formierten und deformierten Figuren mit Prägedrucken.
Bilder sind für ihn taktiler Stoff, kein abstraktes Anschauungsmaterial.
Material, das zerstört werden kann, um es neu zu fügen, andere Gedanken zu
formulieren, neue Zusammenhänge zu erschließen. Hieronymus zerlegt den Wert
des Authentischen und differenziert klar nach dem, was anwesend und was
anschaulich ist. Dabei entsteht ein subtiler Dialog zwischen Bild und
Betrachter, zwischen Materie und Fügung. Anstatt eines beliebigen Dekors der
Geschwindigkeit entsteht eine leise Schwingung, eine Vibration in der
Oberfläche von Bild und Text. Diese fügt das Bild zusammen, nicht Linien
oder Linienkonstrukte für sich: Sie sind eingebunden in eine Gesamtabsicht
der Komposition. Aufgelöste Flächen in beständigem Schwingen, im Gespräch
mit den Lineaturen.

Weigoni veranstaltet in diesen »Prægnarien« ein furioses Stimmenkonzert aus
Reimen und Kalauern, den Tücken der deutschen Grammatik und ihren
Wortzusammensetzungen. Es gibt in diesen Gedichten Buchstaben als etwas
Hörbares und Buchstaben als etwas Sichtbares. In der künstlerischen
Auseinandersetzung treffen sich Weigoni und Haimo Hieronymus regelmäßig an
der Grenzlinie, dort, wo Schrift in Zeichnung übergeht und dort, wo der
Zeichenstift in die Notate übergeht. Unser Visualisierungssystem benutzt
Linien, um die Dinge zu begrenzen und damit zu zeigen, dass sie da sind.
Aber wenn das System nicht weiß, was etwas ist, dann kann es das auch nicht
erkennen und dir sagen, was es ist. So ergibt sich für den Nutzer des Buches
die Notwendigkeit der Begreifbarkeit eines Schattens

Weigoni und Hieronymus gehen daran, dass Exotische zu vereinnahmen und das
Randständige in die Lyrik des 21. Jahrhundert in Form des Künstlerbuches
»Prægnarien« einzugemeinden. Ausnahmeweise gaben sie Habermas Recht, die
Exekutive einer auf den privaten Raum ausgerichteten bürgerlichen
Distinktionsmaschinerie hört gemeinhin auf den Namen "Guter Geschmack".

Mehr über Künstlerbücher von Haimo Hieronymus und A.J. Weigoni: http://www.bookrix.de/_title-de-matthias-hagedorn-kuenstlerbuecher

[*] Diese Rezension schrieb: Matthias Hagedorn (2011-07-17)

Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.


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