„Denke deinen Erfolg und du wirst ihn haben“, könnte man die Kernaussage des Manifests zusammenfassen. Handfeste Tipps offeriert Wattles nicht, dennoch erfreut sich das Büchlein nach Jahrzehnten der Vergessenheit seit etlichen Jahren wieder reger Nachfrage. Auch auf Deutsch wird es in neuen Ausgaben immer noch aufgelegt, allerdings bei eher obskuren Verlagen.
Niemand lebt wirklich, behauptet Wattles, der nicht die entsprechenden Mittel hat, seine Persönlichkeit und seine Wünsche in reale Gegebenheiten dieser Welt umzubilden. Was sich auf Anhieb zwar so anhören könnte, aber dann das glatte Gegenteil von Sozialismus ist. Nicht durch Vergesellschaftung und Umverteilung der Gesamtheit aller Güter und Dienstleistungen wird die Situation des Menschen verbessert, sondern dadurch, dass jedes Individuum hartnäckig und unbeirrbar an der Realisierung seines jeweilig eigenen Traumes arbeitet. Nicht durch Verteilen und Erhalten, sondern durch Arbeiten und Nehmen.
Man kopiere den Namen Wallace D. Wattles ins Suchfenster des Internet Browsers und sehe sich Fotos von dem Herrn an. Aber gewiss doch, ein Donald Trump ist das nicht und auch sonst keiner, der sich ein unschlagbares Firmenkonglomerat zusammengerafft hat. Hoch auf dem Lattengerüst einer Landwirtschaftsausstellung im Staate Ohio könnte man den hageren Sektierertypen sich denken, wie er den Leuten mit einigem Pathos zuruft, dass Gott auf sie zählt, dass sie reich werden. Es sei genug da, der Globus sei ja unermesslich, sprudele von guten Gaben nur so über. Seinerzeit konnte man das glauben. Wer den Bogen rauskriegt, sich irgendwas irgendwo aufzubauen, hat das nicht für seinen Egoismus, sondern für die göttliche Vorsehung getan.
Ein Buch für die praktische Umsetzung ist es nicht, eher eines zum Staunen und Schmunzeln, eine kuriose Ausgrabung. Routiniert hält uns der Rhetor eine Weile mit Andeutungen und Vorwegnahmen hin, es komme demnächst blitzendes Leuchten durch die Wolken, bevor er zur so plausiblen wie simplen Botschaft gelangt: „Die Dinge auf eine bestimmte Art tun“, macht den Unterschied!
Um ein bisschen zu enthüllen, denn, wie gesagt, wer schnell Geld braucht, liest das Buch besser nicht, „bestimmte Art“ besagt nur, dass man sich sein einziges, festumrissenes Ziel fürs Leben aussucht und von diesem Tag an jede Minute in Richtung auf dieses Ziel lebt. Dass man jeden Tag glaubt und weiß, dass man richtig handelt, dass man mehr Erfolg haben wird als andere, die sich nichts überlegt haben, dass Gott auf einen hinunterlächelt.
Am Ende eine Stelle aus dem Werk, die mich an den französischen Vitalismus-Philosophen Henri Bergson denken ließ. Es ginge darum, die in der äußerlichen Realität sich ausdrückenden inneren Kräfte des Kosmos zu dechiffrieren. So etwas wie: Philosophischen Willen aus Fesseln lösen. Die Konzepte des Alls sind im Vorzufindenden solange eingesperrt, bis wir sie erlösen - und uns selbst dabei und dadurch reich machen.
Zitat:
Das Verlangen nach Reichtum ist nur die Fähigkeit des größeren Lebens, das seine Erfüllung sucht; jedes Verlangen ist die Bemühung einer nicht ausgedrückten Möglichkeit, sich umzusetzen. Es ist die Kraft, die danach strebt, sich zu manifestieren, die den Drang hervorruft. Das, was Sie dazu bringt, mehr Geld zu wollen, ist dasselbe wie das, was die Pflanze zum Wachsen antreibt, es ist das Leben, das einen vollständigeren Ausdruck anstrebt.
Das Verlangen nach Reichtum ist nur die Fähigkeit des größeren Lebens, das seine Erfüllung sucht; jedes Verlangen ist die Bemühung einer nicht ausgedrückten Möglichkeit, sich umzusetzen. Es ist die Kraft, die danach strebt, sich zu manifestieren, die den Drang hervorruft. Das, was Sie dazu bringt, mehr Geld zu wollen, ist dasselbe wie das, was die Pflanze zum Wachsen antreibt, es ist das Leben, das einen vollständigeren Ausdruck anstrebt.
[*] Diese Rezension schrieb: Klaus Mattes (2017-01-24)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.