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Jesmyn Ward - Singt, ihr Lebenden und Toten, singt
Buchinformation
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Ward, Jesmyn:
Singt, ihr Lebenden und
Toten, singt

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(Bücher frei Haus)

Im Jahr 2015 hat der Kunstmann Verlag in München die in Amerika mittlerweile sehr bekannte und preisgekrönte Schriftstellerin Jasmyn Ward mit ihrem schon 2011 in den USA erschienenen Erstling „Vor dem Sturm“ bekannt gemacht, der in den letzten zehn Tagen spielt, bevor der Wirbelsturm Katrina mit verheerender Wucht auf die Küste trifft und 2011 mit dem National Book Award ausgezeichnet wurde. Sie überzeugte mich damals mit ihrer an Metaphern reichen und oft lyrischen Sprache und mit Figuren, die dem Unglück, das ihnen widerfährt, Zuversicht und Hoffnung entgegensetzen. Immer wieder findet sie für ihre Figuren etwas Schönes, Bestaunenswertes, Wertvolles, was sie die Welt und ihr Leben trotz allem lieben lässt.
Auch für das hier vorliegende Buch „Singt, ihr Lebenden und ihr Toten, singt“ hat Jesmyn Ward 2017 den National Book Award erhalten.

Das Buch schildert mit vielen Rückblenden einen zweitägigen Roadtrip, den der 15-jährige Jojo und seine jüngere Schwester Michaela, die alle nur Kayla nennen, zusammen mit ihrer drogenabhängigen Mutter Leonie und deren Freundin von ihrer Heimatstadt an der Golfküste des Mississippi nach Parchment unternehmen, um dort den weißen Vater von Leonies Kindern aus dem Gefängnis abzuholen.
Leonie hat sich in der Vergangenheit kaum ihre Kinder gekümmert. Jojo und Kayla wachsen bei ihren Großeltern Mam und Pop auf. Mam ist unheilbar an Krebs erkrankt und stille und verlässliche Pop versucht, den Haushalt aufrecht zu erhalten und Jojo beizubringen, wie man erwachsen wird. Pop war vor Jahrzehnte selbst Insasse jenes berüchtigten Gefängnisses in Parchment, nachdem er wegen Aufsässigkeit als Schwarzer zu mehrjähriger Zwangsarbeit verurteilt worden war.
Kapitel für Kapitel wechseln sich Jojo und seine Mutter ab, eingeflochten von Erinnerungen der Großeltern, unterbrochen von der Stimme eines Jungen, den Pop einst in Parchman unter seine Fittiche nahm: "Die Geschichte ist ein mottenzerfressenes Hemd, zu Fetzen geschreddert", lässt sie diesen Jungen sagen: "Die Form stimmt, aber die Einzelheiten sind ausradiert", nur flicken könne man die Löcher.
Vater weiß, Mutter schwarz, ein Großvater, der als junger Mann angekettet in einer Gefangenengruppe schuften musste, eine Großmutter, die an die Heilige Teresa genauso glaubt wie an die Yoruba-Göttin Oya, die "Herrin der Winde, des Blitzes und der Stürme", ein toter Onkel, als Schüler erschossen von einem aus der weißen Familie väterlicherseits: Dass all dies zugleich gültig sein kann, dass die Vorfahren, die Ungeborenen und die Lebenden einen Raum teilen, gehört zum Glauben der Yoruba in Nigeria. Darum der Titel: "Sing, Unburied, sing".
Jesmyn Ward erzählt so berührend wie unsentimental von einer schwarzen Familie in einer von Armut und tief verwurzeltem Rassismus geprägten Gesellschaft. Was bedeuten familiäre Bindungen, wo sind ihre Grenzen? Wie bewahrt man Würde, Liebe und Achtung, wenn man sie nicht erfährt?

Ein großer Roman, in dessen Mittelpunkt eine berührende in ihrer Intensität selten so überzeugend beschriebene Geschwisterliebe steht.

Und wieder bezaubert Jesmyn Ward ihre Leser mit einer an Metaphern reichen und oft lyrischen Sprache und mit Figuren, die dem Unglück, das ihnen widerfährt, Zuversicht und Hoffnung entgegensetzen. Wie in ihrem ersten Buch findet sie für ihre Figuren etwas Schönes, Bestaunenswertes, Wertvolles, was sie die Welt und ihr Leben trotz allem lieben lässt.

Eine große schwarze Schriftstellerin, die durchaus in Fußstapfen einer Toni Morrison treten kann in der Zukunft.

Jesmyn Ward, Singt, ihr Lebenden und Tote, singt, Kunstmann Verlag 2018, ISBN 978-3-95614-224-6

[*] Diese Rezension schrieb: Winfried Stanzick (2018-04-18)

Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.


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