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Wagner/ Bittermann - Kronländer Kochbuch
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Wagner/ Bittermann:
Kronländer Kochbuch

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(Bücher frei Haus)

„A Gulasch und a Seidl Bier, des is` mei` Lebenselixier“, hat einst Wolfgang Ambros gedichtet, allerdings gibt es davon, vom Gulasch, nicht nur eine Sorte. 21 Gulaschrezepte allein, habe ich in vorliegendem Kochbuch gezählt. Gemeinsam haben sie die Grundingredienzien: Zwiebeln, Fleisch und Schmalz. Doch ihre weitere Raffinesse verdanken sie jeweils ihrer lokalen oder regionalen Ausprägung und das kann nicht nur Ungarn, wo das Gulyas ja erfunden wurde, sondern auch Göttelsbrunn, Wien, Triest oder Galizien und Lodomerien, Bosnien und Herzegowina, Böhmen sein. „Das Gulasch ist eine, wenn nicht sogar die tragende Säule der Kronländerküche“, schreiben die Autoren in diesem Kochbuch der kulinarischen Superlative und in der kleine „Gulasch-Enzyklopädie“ erklären Sie auch warum.

Das was wir unter Gulasch verstehen, heißt eigentlich „Pörkölt“, denn „Gulyas“ meint eigentlich nur eine Erdäpfelsuppe aus dem Kessel. Verfeinert wird dann etwas Rahm oder Schlagobers hinzugegeben, dann heißt sie schon „gulyasleves“ oder „gulyashus“ und erst mit Fleisch und Paprika oder Paradeisern verändert sie den Namen zu „Pörkölt“, d.h. „Geröstetes“. Wer kein Ungarisch kann, dem wird das egal sein, aber es ist doch interesant, wie sich zwar Begriffe, nicht jedoch deren Geschmack verändert, denn sowohl das eine wie das andere schmeckt zu einem Seidl Bier vorzüglich und besonders dann, wenn es ein „Reparaturseidl“ ist, hilft das Gulasch in jeder Art und Form wieder auf die Beine (mancher macht danach sogar gleich wieder große Sprünge!).

Auch eine andere Spezialität zieht sich durch alle Kronländer der ehemaligen K.u.K.-Monarchie: die Innereien. Ob Trippa (italienisch) oder druschtkova (tschechisch für die Suppe) oder Kutteln, allen gemeinsam ist die Verwendung von diesem ballonartigen Gebilde auf der rechten Seite des Rindermagens, in dem vor allem rein pflanzliche Nahrung bakteriell zersetzt wird. Die Kutteln gelten übrigens als bekömmliche Diätmahlzeit (93 Kcal) und haben dadurch wohl auch den Sprung von der Armeleutespeise in die Küchen der besseren Schichten der Gesellschaft geschafft. „Sie werden fabelhaft schnell und gründlich verdaut. Dass man um zwei Uhr, mit dieser Speise bis zum Bersten gesättigt, doch bereits um vier Uhr vor erneuertem Hunger in Ohnmacht fallen kann.“ Na dann, Gute Nacht! Zu den sog. Innereien gehören natürlich auch die Leber, das Kalbsherz und –bries oder die beliebten „Nierndeln“.

Wem ob so viel Fleisch (weitere Rezepte zu Faschiertem und Braten folgen) die Lust aufs Dessert in die Nieren fährt, dem wird in vorliegendem Kuk-Kulinarienlexikon ebenso geholfen. Auf den letzten 70 Seiten wird Ihnen genau das geboten, wonach Ihnen besonders am Sonntag Nachmittag der Appetit steht: Dürfen es ein paar Chifeleti aus Görz sein? Dalmatinische Pandschepan? Einfache Powidlbuchteln aus Böhmen? Oder die Klassiker Malakoff aus Galizien und Sacher aus Wien? Natürlich finden sich auch Rezepte zu Vorspeisen, Antipasti und Primi oder Fisch als Hauptgang in diesem Studienbuch des höheren Geschmacks.

Vielleicht sollte man vor dem Ausprobieren der Rezepte all diese herrlichen Schlemmereien direkt vor Ort ausprobieren, damit man weiß, wie sie eigentlich schmecken sollten. Bekanntlich muss man dafür keine Weltreise machen, denn der Wiener findet die ganze Welt direkt vor seiner Haustüre in seinem Grätzel. Oder vielleicht sogar bei den Autoren und Köchen Christoph Wagner und Adi Bittermann selbst, die Sie gerne in Ihrem Restaurant bekochen werden? „Bittermann & Vinarium“ befindet sich in Göttlesbrunn, im Dreiländereck Ö-SK-H, dem Glacis, das früher als Aufmarschgebiet der K.u.K.-Truppen diente. Heute können Sie hier beinahe die gesamte versammelte Gemeinde der kakanischen lukullischen Genüsse aufmarschieren lassen: das Restaurant erhielt 2007 zwei Hauben im „Gault Millau“. Kaiser Franz Joseph soll das ehemalige Schulgebäude noch selbst eröffnet haben und auch heute – nach Schengen - treffen sich hier wieder Leute aus der ganzen Umgebung und tragen zu der gelungen Atmosphäre auch noch das nötige Lokalkolorit bei.

Natürlich darf auch nicht auf die Fotos von Kurt-Michael Westermann vergessen werden, der es weiss, wie man die Speisen am besten appetitlich und gschmackig ablichtet. Adi Bittermann, geboren 1965 in Wien, übernahm 1994 „Vikerls Lokal“, das er erfolgreich führte, und eröffnete 2006 in Göttlesbrunn das Restaurant Bittermann & Vinarium Göttlesbrunn. 2007 erkochte er hier zwei Hauben im „Gault Millau“. Christoph Wagner, geboren 1954 in Linz, studierte Germanistik, Anglistik sowie Kulturelles Management in Wien und ist Kochbuch- und Krimiautor sowie NEWS-Gourmet und „Gusto“-Kolumnist. Neben den Krimis „Schattenbach“ und „Gefüllte Siebenschläfer“ erschienen von ihm zahlreiche Standardwerke zum Thema Kochen, zuletzt „Zu Gast in der Wachau“.

Christoph Wagner/Adi Bittermann
Kronländer Kochbuch
450 altösterreichische Rezepte
Prag-Krakau-Budapest-Triest

2008
Pichler Verlag
www.pichlerverlag.at
448 Seiten
ISBN 978-3-85431-465-3
37.- €

[*] Diese Rezension schrieb: Jürgen Weber (2008-11-28)

Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.


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