Der kleine Thomas Müntzer las die Bibel, die durch den Buchdruck in seinem Jahrhundert eine größere Verbreitung erfahren hatte. Aber die „Spinner aus Zwickau“ lasen auch Erasmus und Nikolaus von Kues, Raimundus Lullus und Jan Hus und „sie polemisieren, argumentieren und wollen nackt in der Wahrheit leben“, wie der Autor schreibt. „Sie sahen nicht ein, weshalb Gott, der Gott der Bettler, gekreuzigt zwischen zwei Schächern, so viel Glanz nötig hatte, weshalb seine Priester so viel Luxus nötig hatten“.
Aufbruch in Neue Zeit
Müntzer kam nach Böhmen und dort in Kontakt mit den Ideen von John Wyclif, dessen Idee von der direkten Beziehung zwischen den Menschn und Gott dort schon für einige Unruhe gesorgt hatte. Er wollte die Päpste auslosen und verwarf die Transsub-stantiation und übersetzte die Vulgata aus dem „erhabenen Latein“ ins british Proleten-Pidgin. John Ball und Wat Tyler waren Schüler Wyclifs an denen sich auch Müntzer orientierte. Aber der englische König verwarf die neuen Ideen und verfolgte sie. (Erst 200 Jahre später wurde die Leibeigenschaft abgeschafft.) Was Jack Cade, John Ball und William Merfold aber nicht davon abhält, zum Mord an Adel und Priestern aufzurufen. In seinem Prager Manifest, in Böhmen verfasst, schreibt Müntzer auf Deutsch und Tschechisch vom Ende des Luxus und Prunks der Kriche. „Er schreibt für die ganze Welt“, merkt Vuillard an. Der Drucker, Utopist, Brandredner und Theologe Thomas Müntzer wurde bereits zwei Jahre nach Beginn der Aufstände enthauptet
Vom Aufstand der Armen
„Nicht die Bauern stehen auf, sondern Gott selbst führt den Aufstand!“ Der Bauernkrieg, der in Schwaben, in der Nähe des Bodensees begonnen hatte, brachte zwar auch nicht die ersehnte Befreiung vom Joch der Kirche und des Adels. Éric Vuillard beschreibt voller Anteilnahme und emotionaler Tiefe, denn die Armen und Unterdrückten dieser Welt haben auch schon in anderen Bücher seine Worte beansprucht. Bei Matthes & Seitz sind vom selben Autor auch „14. Juli“, „Kongo“, „Ballade vom Abendland“ erschienen.
Éric Vuillard
Der Krieg der Armen
Originaltitel: La Guerre des pauvres (Französisch)
Übersetzung: Nicola Denis
2020, 64 Seiten, Gebunden
ISBN: 978-3-95757-837-2
Matthes & Seitz Berlin
16,00 €
[*] Diese Rezension schrieb: Jürgen Weber (2020-07-07)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.