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Karl Vocelka - Franz Joseph 1830-1916
Buchinformation
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Vocelka, Karl:
Franz Joseph 1830-1916

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(Bücher frei Haus)

1916 starb der vorletzte Kaiser, der Österreich beinahe sieben Jahrzehnte beherrscht hatte. Inthronisiert am Ende der österreichischen Revolution, 1848, als Geste der Wiedergutmachung, wurde ausgerechnet der junge Kaiser (18!) zur Speerspitze der Reaktion und des (Neo-)Absolutismus und regierte lange Zeit sogar ohne Verfassung und Parlament. Zwischen Verklärung und Sehnsucht nach der guten alten Zeit changieren seither Publikationen, die sich mit dem Kaiser beschäftigen, aber auch eine Vielzahl kritischer Untersuchungen ist entstanden und aus all dem wurden nun vier Großausstellungen zusammengestellt, die den Kaiser in einem ausgewogenen Licht darzustellen versuchen. Der erste Beitrag in dieser multiperspektivischen Darstellung widmet sich der Ausstellungsarchitektur und stammt von Erich Woschitz, der die künstlerische Umsetzung der Ausstellungen in Schönbrunn, im Hofimmobiliendepot und im Schloss Niederweiden gestaltete. Der Herausgeber Karl Vocelka widmet sich dann dem Soldaten, Katholiken und Jäger Franz Joseph.

Weltuntergangsexperimentierstation Österreich
Dem jungen FJ attestiert Vocelka durchaus Humor, den er in karikaturhaften Zeichnungen ausgedrückt sieht, doch auch dies wurde dem Thronfolger bald durch militärischen Drill ausgetrieben, denn seine Mutter, die Wittelsbacherin Erzherzogin Sophie, hatte ehrgeizige Pläne mit dem Jungspunt und so habe er früh lernen müssen, Gefühle zu kontrollieren und Emotionen zu unterdrücken, so Vocelka. Seine Inthronisierung fand übrigens nicht in der Wiener Hofburg statt, sondern im Olmütz, wohin der Hofstaat aufgrund der 48er Revolution geflohen war. Gottesgnadentum und nicht Volkssouveränität stand also schon von Anfang an ganz oben im politischen Weltbild des neuen Monarchen. Auch der Nationalismus machte ihm zu schaffen, denn obwohl Ungarn 1848/49 niedergeschlagen wurde, sollte schon 1859 die italienische Einigung und 1866 die deutsche Frage zu weiteren schweren Niederlagen des so hoffnungsvollen Monarchen führen. Ungarn, Russen, Savoyen, Hohenzollern machten dem zuerst noch konstitutionellen Monarchen sehr zu schaffen, aber auch finanziell stand er bald schlecht da. Auch seine militärischen Fähigkeiten und Einschätzungen dürfen zumindest stark in Zweifel gezogen werden: er hielt jahrzehntelang an einem „ehrenhaften“ Bajonettkampf fest, obwohl die technische Entwicklung des Zündnadelgewehres diesen längst zur Makulatur gemacht hatte. Der Monarch liebte die alten Vorstellungen von Ehre und Vaterland und trat wohl nicht zuletzt deswegen immer in Uniformen auf.

Mit der pietas austriaca in den Weltuntergang
Auch sein Verhältnis zur Katholischen Kirche im Sinn der pietas austriaca wird betrachtet. Auch wenn der Monarch mit Katharina Schratt und Anna Nahowski sich zwei Nebenfrauen hielt, war er stets bei Fronleichnamsprozessionen präsent und huldigte auch dem Konkordat und der Transsubstationslehre sowie einer bigotten Eucharistiefrömmigkeit. Der Katholizismus kann sicherlich als vorherrschende Staatsreligion bezeichnet werden, aber immerhin war der Kaiser kein Antisemit. Um dem strengen Hofzeremoniell zu entkommen schwelgte der Kaiser allzu oft dem Weidmännischen Vergnügen. Auf der Jagd trug er die „kurze Wichs“ (Lederhose), graue Joppe, Wadenstutzen, Bergschuhe und einen Hut mit Birkhahnspiel und Gamsbart. Die Liste seiner zu Lebzeiten erlegten Tiere kann sich sehen lassen und man ist versucht, dieser Liste auch die 1,1 Millionen von Österreich/Ungarn und die neun Millionen Toten des Ersten Weltkriegs insgesamt hinzuzufügen. Denn der Kaiser hätte nicht nur den Krieg, sondern auch den Zusammenbruch seines Imperiums verhindern können.

Karl Vocelka/Martin Mutschlechner
Franz Joseph 1830-1916
Das Buch zur großen Sonderausstellung 2016
Christian Brandstätter Verlag
Großformat 24 x 30 cm
352 Seiten, 450 Abbildungen
Hardcover
ISBN 978-3-85033-990-2
€ 49,90

[*] Diese Rezension schrieb: jürgen Weber (2016-04-09)

Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.


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