Günther Nonnenmacher, Herausgeber der FAZ, nannte ihn einen bunten Hund. Und mit diesem Urteil lag er wahrscheinlich insofern nicht falsch, als dass er hinsichtlich seiner journalistischen und politischen Erfahrungen einige Irrungen und Wirrungen aufzuweisen hat. Udo Ulfkotte, Jahrgang 1960, studierter Kriminologe, Islamwissenschaftler und Politologe, war 17 Jahre Auslandskorrespondent der FAZ, besuchte und lebte in zahlreichen arabischen Ländern, konvertierte zum Islam und wieder zurück zum Christentum, war im Planungsstab der Konrad-Adenauer-Stiftung und ist heute Lehrer an der Olivet University in San Francisco. Mit zahlreichen Büchern und Publikationen hat er heftige Debatten ausgelöst, weil die dort entwickelten Thesen diametral dem unausgesprochenen politischen Konsens widersprachen.
Sein Buch Vorsicht Bürgerkrieg! Was lange gärt, wird endlich Wut hat ebenfalls eine dramatische Geschichte. Nach der Erstausgabe im Jahr 2003 im Eichborn Verlag klagten gleich mehrere islamische Vereinigungen aus der Bundesrepublik wegen Verunglimpfung und die Publikation wurde durch einen Beschluss des Berliner Landgerichts aus dem Handel genommen. Eine überarbeitete Ausgabe erschien einige Jahre später und wurde so häufig verkauft, dass nun, 2013, die sechste aktualisierte Ausgabe vorliegt. Auf insgesamt 270 Seiten, die in fünf Hauptkapitel gegliedert sind, setzt sich Ulfkotte mit dem auseinander, was er selbst die Grundlage für die Wutpotenziale der westlichen Gesellschaften nennt. Dabei geht es um den wirtschaftlichen Niedergang immer größerer Bevölkerungsteile, die kulturelle Verarmung und das Anwachsen ethnischer Spannungen, den allgemeinen Werteverfall und den Zerfall der staatlichen Macht sowie die Hochrüstung der staatlichen Kontrollorgane gegen die eigene Bevölkerung.
Die Thesen Ulfkottes sind bereits aus den Kapitelüberschriften ersichtlich. Im Grunde attestiert er den westlichen Demokratien einen Erosionsprozess, der ideologisch flankiert wird von einer inquisitorischen Politik- und Mediensprache, die das Eindringen undemokratischer, vom Islamismus geprägten Kollektivstandards ermögliche. Die Tatsache, dass durchaus namhafte Journalistenkollegen, die sich dem Mainstream verschrieben haben, die Thesen des vorliegenden Buches mit der anti-semitischen Hetzschrift "Die Protokolle der Weisen von Zion" verglichen haben, gäben ihm nolens volens sogar Recht. Mit einer harten demokratischen Auseinandersetzung hat das nichts zu tun, sondern es handelt sich schlicht um Volksverhetzung.
Das Verdienst des Buches besteht zweifelsohne in seinem Faktenreichtum. Mit unzähligen Quellen weist Ulfkotte auf eine Tendenz hin, die tatsächlich auf die Generierung von Wutpotenzialen hinarbeitet. Der Gleichheitsgrundsatz wird auf allen möglichen öffentlichen Handlungsfeldern hintertrieben, ob in Politik, Strafjustiz, Arbeitsrecht, überall erfahren Delinquentinnen und Deliquenten mit Migrationshintergrund andere Maßstäbe als Bundesbürger. Und im Bereich der medialen Berichterstattung wird längst mit Nachrichtensperren und Bagatellisierung von Strafdelikten nach dem gleichen Strickmuster gearbeitet. Das Resultat ist eine Emotionalisierung, die zu Ausbrüchen führen kann, mit der die Politik kalkuliert. Die Möglichkeit des Einsatzes von Militär bei Konflikten innerhalb des eigenen Landes ist mittlerweile fast in allen westlichen Ländern beschlossene Sache.
Hinter all dem die islamische Weltverschwörung zu vermuten, ist töricht. So lesenswert und interessant die zahlreichen Fakten sind, so abgestanden und schablonenhaft die immer wiederkehrenden Schlussfolgerungen mit Verschwörungscharakter. Es handelt sich um ein empirisch lesenswertes und analytisch schwaches Buch. Letzteres gehört wohl zu den ausstehenden Aufgaben, die aus einer tatsächlichen Erosion eines kollektiven Demokratieverständnisses erwächst. Das Phänomen, warum politische Bewegungen, die sich auf die Tradition der Aufklärung berufen haben, mittlerweile wie die Feuerzofen der Inquisition auftreten, muss noch entschlüsselt werden. Es wäre der erste Schritt zu einer besseren Politik.
[*] Diese Rezension schrieb: Gerhard Mersmann (2013-07-07)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.