Vielleicht ist er wirklich die beeindruckende Stimme einer neuen Generation, als die viele Kritiker in den USA den jungen Schriftsteller Justin Torres feiern, der mit seinem Roman „Wir Tiere“ ein beachtliches Debüt gegeben hat.
Der schmale Roman erzählt von drei Brüdern, die in Brooklyn aufwachsen und sich mehr recht als schlecht durch ihre Adoleszenz schlagen.
Der Vater schlägt sie immer wieder, während die Mutter sie mit Liebe überhäuft, wenn sie nicht gerade mit sich selbst beschäftigt ist oder sich von den Prügelattacken des Vaters erholt. Die drei Brüder verbringen viel Zeit miteinander, „hanging around“, verüben kleine Diebstähle oder sie landen im Keller eines Nachbarsjungen, wo sie auf Kinderpornografie stoßen. Torres Roman ist drastisch, und genau das macht ihn stark.
Doch sein namenloser Protagonist, einer der drei Brüder, 17 Jahre alt, ist anders, und das wird ihm zum Verhängnis werden.
Die Sprache von Torres ist so wie das Leben der Menschen, die er beschreibt. Sie ist direkt, stellenweise regelrecht roh und nicht selten für den Leser schwer zu ertragen.
Seinen Kritikern, die in dem 2011 in den USA erschienenen Roman eine für eine bestimmte Schicht typische dysfunktionale Familien entdeckt haben, hält Torres entgegen:
„Ich wollte ein Buch über eine Familie schreiben, die so kompliziert, so voller Liebe und zugleich voller Makel ist, dass die Leute dem Drang zu kategorisieren widerstehen.“
Ich glaube, dass ihm das gelungen ist. Wenn man sich tiefer auf den Roman einlässt, hört man die Zwischentöne, spürt die Schwingungen von Liebe und Zuneigung, die es in dieser Familie auch gibt.
Ein beeindruckender Roman über das Erwachsenwerden in schwierigen Verhältnissen.
Justin Torres, Wir Tiere, DVA 2013, ISBN 978-3-421-04579-9
[*] Diese Rezension schrieb: Winfried Stanzick (2014-01-24)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.