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Michael Töteberg - Falladas letzte Liebe. Roman
Buchinformation

"Jetzt bin ich ja die reine Brandung geworden und brande immer weiter, brande, brause, brande...". In Berlin-Pankow bei der U2 Vinetastraße ,nahe Grabbeallee und Schlossstrasse, gibt es einen Rudolf-Ditzen-Weg, ehemals Eisenmengerweg. Dort verlebte der Schriftsteller Hans Fallada aka Rudolf Ditzen seine beiden letzten Lebensjahre mit seiner "letzten Liebe", Ulla.

Roman mit guter Quellenbasis

"Jeder stirbt für sich allein", war neben "Kleiner Mann, was nun?" Falladas erfolgreichster Roman. Er schrieb ihn in weniger als sechs Wochen an oben genannter Adresse, rückfällig zum Alkohol und Morphium, denen er und seine zweite Frau schon seit langem und nun erneut wieder verfallen waren. Der Umzug von Carwitz und Feldberg, wo Fallada zuletzt den Russen als Bürgermeister diente, gestaltete sich als langwierig und schwierig. Bis seine geliebte Bibliothek vollständig bei ihm in Berlin angekommen war, verabschiedete er sich beinahe schon wieder. "Herzlähmung" lautete die Diagnose, die sein Verleger und Freund Johannes R. Becher in einem Telegramm an Ernst Rowohlt telegrafierte. Falladas Frau Suse, die ihm ihre gemeinsamen Kinder anvertraut hatte, erfuhr jetzt erst von seinen Morphiumproblemen. Michael Töteberg, der auch Vorsitzender der Fallada-Gesellschaft ist, hat mit "Falladas letzte Liebe" eine dokumentarische Erzählung verfasst, die sich wie ein Roman liest und dabei auch auf die drei Bücher seiner letzten Lebensjahre zurückgreift. "Der Alpdruck", "Geschichten aus der Murkelei" und eben "Jeder stirbt für sich allein" entstanden in den letzten Schaffensjahren des Schriftstellers Hans Fallada, der bald als ein "Opfer der Ost/West-Konfrontation" zwischen zwei Stühlen sass. Töteberg erzählt von den Wutausbrüchen Falladas wenn er auf Entzug war ebenso wie von seiner ambivalenten Haltung während der Nazi-Diktatur. Aber auch von Konflikten innerhalb der Beziehung ist die Rede: "Eben noch dachte er an Scheidung, dann hatte er den brennenden Wunsch, von Ulla ein Kind zu bekommen."

Letzte Liebe: Hoffnung

Hans Fallada war ein wahrhaftiger Mensch, mit inneren Konflikten, der mit seiner Sucht kämpfte und dennoch noch ein Werk mit mehr als 600 Seiten schaffte, das in die Literaturgeschichte einging als Beschreibung des kleinen Mannes während des Tausendjährigen Reiches. Verblüffend ist auch die Quellenlage, die Töteberg im Nachwort preisgibt. Denn die realen Vorlagen zu Falladas Roman, das Ehepaar Hampel, hatte sich ganz anders verhalten als die Quangels in Falladas Roman. Verleger Becher hatte Fallada einige Dokumente dazu vorenthalten und so hatte Fallada das Buch in dem guten Glauben geschrieben, dass auch die "letzte" Liebe der Quangels die allumfassende Lieben eines Mannes zu einer Frau, einer Frau zu einem Mann gewesen wäre. Seiner "Sehnsucht nach einer Idylle" (Lukács) war diese Variante entgegengekommen. Aber auch seine Leser:innen liebten das romantische Verdämmern, dass die Hoffnung zuletzt stirbt. Michael Tötebergs schnörkelloser Stil zeichnet sich durch eine gute Quellenlage aus, was bei Romanen normal ja nicht notwendig ist. Deswegen nennt er die Geschichte von Falladas letzter Liebe in seiner Nachbemerkung wohl auch "dokumentarische Erzählung". Als Rahmenhandlung und gleichsam Legitimation seiner Erzählung verwendet Töteberg übrigens einen Brief der damaligen Studentin Christa Wolf an den Dichter und Funktionär Johannes R. Becher. Dieser hatte ihr nur ausweichend geantwortet. Töteberg holt das Desiderat Wolfs nun nach und gibt darauf einige Antworten. Ein interessanter Beitrag zur Hans Fallada Forschung, der nicht nur einige von Wolfs Fragen beantwortet, sondern gleichzeitig auch neue stellt.

Michael Töteberg
Falladas letzte Liebe
Roman
2021, Hardcover mit Schutzumschlag, 336 Seiten
ISBN: 978-3-351-03894-6
22,00

[*] Diese Rezension schrieb: Jürgen Weber (2022-04-23)

Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.


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