Man kann über das Buch nicht sprechen, ohne über den Autor zu sprechen. Letztlich ist beides zu eng miteinander verwoben. Denn im Buch drückt Jürgen Todenhöfer nichts anderes aus als die Grundfesten und Grundwerte seiner Person, Überzeugungen, die ihn nicht nur theoretisch tragen, sondern die sein Handeln in seinem Leben maßgeblich bestimmten und bestimmen.
Dabei trifft die alte Redensweise „Ein Mann, ein Wort“ in starker Weise zu. Besser wäre, „Ein Mann und hundert Worte“ zu sagen, denn fast ebenso viele Aphorismen und persönliche Lebensweisheiten stellt Todenhöfer im Buch vor, zu einem großen Teil durchaus hart errungen im Leben, allesamt in der Praxis überprüft und, zumindest in seinem persönlichen Leben, absolut tauglicher als ethischer Kompass durch das Leben.
Jürgen Todenhöfer selbst gehört mit seiner gesamten Persönlichkeit und Haltung zu einer fast aussterbenden Gattung. Der des zu respektierenden Wertkonservativen, der im Berufsleben bei Burda wie in der Politik innerhalb der CDU nie den bequemen Weg gegangen ist, der mit fast allen prominenten Politikern seiner Zeit über Kreuz lag, der in seinen, teils durchaus reaktionär zu nennenden, Werten zwar durchaus Entwicklungen erfahren hat, aber nie wirklich gewankt ist. Einer, der immer seinen Weg ging und sich grundlegend nie anbiederte.
Und vor allem einer, der lebt, was er sagt. Der nicht seitenweise zu mehr Nächstenliebe und sozialer Verantwortung aufruft, um sich dann auf sein Schloss in der Toskana zurück zu ziehen, sondern der den weitaus größten Teil seines Vermögens für karitative Zwecke und für die Freiheit auf der Welt zur Verfügung gestellt hat.
Wertkonservativ, unbeugsam, aber nicht halsstarrig. Und nun hat dieser Jürgen Todenhöfer die Grundlagen seiner Werte aufgeschrieben, seine Maximen formuliert und diese mit einer entwaffnenden Offenheit in den Rahmen persönlicher Anekdoten und Lebensberichte gestellt, die jeweils durchaus den gedachten Zweck erfüllen, nämlich zu beleuchten, wie manche seiner Werte entstanden sind, wohin sie ihn geführt haben und wie er selbst sich anhand seines, durchaus abenteuerlich zu nennenden, Lebensweges als Person entwickelt hat. Ohne sich selbst zu schonen oder in einem gute Lichte unbedingt darstellen zu wollen erzählt er frei heraus von seinem Versagen bei der Unterstützung seiner ersten Frau und wie ihm diese nicht gewährte Hilfe nach dem Tod der Frau bis heute nachgeht, erzählt auch von seinen weniger lichtvollen Augenblicken in manchen Reibungen und Auseinandersetzungen.
Wohltuend liegt hier keine Lebensbeichte in Form einer rührseligen Lobhudelei vor, sondern kantige und klare Realität mit ebenso kantigen und klaren Wertnormen. Viele dieser Werte sind sicherlich nicht neu, dennoch aber immer wieder notwendig, sich wieder vor Augen zu führen.
Dass die Wahrheit nicht demokratisch ist wusste schon Seneca, Todenhöfer illustriert einprägsam, warum das auch in Zeiten des Mainstream seine Gültigkeit nicht verloren hat, auch wenn einem alle Welt weismachen will, dass die Masse immer recht hat. Dass man sich von Aufschneidern fernhalten soll hat schon Hermann Hesse in seinen Erinnerungen eindringlich gemahnt. Der Umgang formt eben den Charakter. Gut, das noch einmal aus berufenem Mund zu hören. Im Blick auf eine Welt voller Casting-Shows scheint der Erfolg ja gerade im Gegenteil zu liegen, sich möglichst nahe heran zu machen an das schillernde Gelichter halbkompetenter Marktschreier, die sich nur deswegen ungestraft Künstler nennen können, weil auch im Blick auf den Wert von Kunst Maßstäbe verloren gehen.
Eines allerdings ist Jürgen Todenhöfer nicht gegeben, die Kunst des sprachlichen Schliffs. Ein Poet oder Lyriker wird aus ihm wohl nicht mehr werden, aber dies ist andererseits durchaus auch als mögliche Stärke des Buches zu nennen. Wer so ungeholfen formuliert, der hat sich nicht von dynamischen Ghost-Writern die Feder führen lassen sondern spricht im Buch genauso kantig und, teilweise wirklich, platt, wie er es im Alltag tun würde. Glaubhaft du authentisch wirken so seine Einsichten und Wertsetzungen.
Das Buch bietet eine Sammlung von Aphorismen über Werte und moralische Maßstäbe, die illustriert werden durch eine Vielzahl von Anekdoten und Lernwegen des Autors. Ernst zu nehmen und als Kompass durch ein sich auflösendes Wertesystem wichtig und gut nutzbar, eindringlich im Gesagten, teils unbeholfen, dadurch aber authentisch, im Stil.
[*] Diese Rezension schrieb: Michael Lehmann-Pape (2010-11-24)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.