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Rezensionen


 
Janne Teller - Komm

Die dänische Schriftstellerin Janne Teller ist hierzulande mit ihren Jugendbüchern bekannt geworden. Besonders ihr Buch "Nichts was im Leben wichtig ist", das in Dänemark schon 2001 erschien und dort mit Preisen überhäuft wurde, ist hierzulande nach seinem Erscheinen 2010 heftig diskutiert worden.

Es stellte die Frage nach dem Sinn des Lebens. Diese Frage ist der Ursprung aller Religionen und vor allen Dingen in der beginnenden Adoleszenz das alles überragende Thema der meisten Jugendlichen.

"Nichts was im Leben wichtig ist" ist ein erschütterndes, ein zutiefst verstörendes Buch, das, wenn man seinen parabelhaften Charakter versteht und nicht alles, was darin geschieht, für tatsächlich geschehen erachtet, auch für Erwachsene eine Herausforderung ist, vor allem für diejenigen, die, wie der Rezensent, dem zentralen Satz eines der Hauptfiguren dieses Buches widersprechen, der eines Tages sagt: "Nichts bedeutet etwas. Das weiß ich schon lange. Deshalb lohnt es sich nicht, irgendetwas zu tun. Das habe ich gerade herausgefunden."

Man hat gestritten darüber, ob dieser von Teller für Jugendliche geschriebene Roman für diese wirklich geeignet ist und hat ihnen damit nicht selten die eigene moralische Urteilsfähigkeit abgestritten.

Auch im vorliegenden neuen Roman geht es wieder um Sinnfragen, hauptsächlich aber um die Frage, ob es im Literaturbetrieb so etwas geben kann wie Moral. Und um die Frage, ob die Kunst, eben auch die Literatur so etwas hat wie eine moralische Verantwortung.

Protagonist des Romans ist ein namenloser Verleger, der zum Beginn der Handlung gerade dabei ist, das neue Buch eines seiner Erfolgsautoren für den Druck vorzubereiten. Er verspricht sich viel davon. In diesem Augenblick kommt Petra Vinter in sein Büro, die er von früher kennt, und will die Veröffentlichung des Buches verhindern, Sie sagt, der Autor habe ihre eigene Geschichte geklaut, denn das, was er da in seinem Roman erzähle, habe sie selbst in ihrer Zeit als UN-Beauftragte in Afrika erlebt.
Der Verleger sagt: "Eine Geschichte kann man nicht besitzen."
Petra Vinter entgegnet: "Gibt es keine Geschichten, die so persönlich sind, dass andere sie nicht weitererzählen dürfen?"

Der Literaturfreund erinnert sich an die sogenannte "Esra-Kontroverse" als eine Frau, die sich im Roman "Esra" von Maxim Biller wiedererkannte, dessen Verbot gerichtlich erzwang und die eine heftige Debatte über die Freiheit der Kunst auslöste.

Petra Vinter geht wieder und Janne Teller lässt in der Folge nun den Verleger über sein eigenes Leben nachdenken, über seine Ehe und seine Ehebrüche. Währenddessen schreibt er immer wieder Bruchstücke an seinem Manuskript einer Rede über Ethik in der Verlags- und Literaturwelt.

Janne Teller bietet keine klaren Antworten. Doch sie stellt philosophische und moralische Überlegungen an, die angesichts der seit langen geführten Debatte über Urheberechte ("ACTA") sehr interessant sind. Soll die Kunst moralisch sein, kann sie das überhaupt, oder muss sie nicht prinzipiell frei sein, auch von der Moral - diese Fragen in einen kleinen Roman gekleidet zu haben, der mehr daher wie kommt wie ein Essay, das ist das große Verdienst von Janne Teller, der es immer wieder gelingt, jenseits des Mainstreams wichtige, bohrende Fragen zu stellen, die zur Auseinandersetzung zwingen.
Antworten gibt sie nicht. Das überlässt sie dem kritischen Leser selbst.

Janne Teller, Komm, DTV 2015, ISBN 978-3-423-14373-8

[*] Diese Rezension schrieb: Winfried Stanzick (2015-01-14)

Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.


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