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Andrej Tarkovskij - Leben und Werk: Filme, Schriften, Stills & Polaroids
Buchinformation
Tarkovskij, Andrej - Leben und Werk:  Filme, Schriften, Stills & Polaroids bestellen
Tarkovskij, Andrej:
Leben und Werk: Filme,
Schriften, Stills &
Polaroids

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(Bücher frei Haus)

In einer Verteidigungsschrift von Tarkovskijs Film „Iwans Kindheit“ spricht Jean-Paul Sartre vom „schönsten Film, der mir in den letzten Jahren zu sehen vergönnt war“ und nimmt damit „Iwans Kindheit“ gegen die Vorwürfe des Traditionalismus, Expressionismus und überholten Symbolismus in Schutz. „Ich kenne nichts Bewegenderes“, so Sartre weiter, „als die Überquerung des Flusses, lang, langsam, quälend: trotz ihrer Angst und ihrer Ungewissheit sind die Offiziere die das Kind (Iwan) begleiten, von jener zerstörten, schrecklichen Zartheit durchdrungen. (…) Einer der Soldaten sagt dann: `Diese Stille, das ist der Krieg…`“. Aber auch der schwedische Meisterregisseur Ingmar Bergman sah in Tarkovskijs Filmen eine Offenbarung: „Plötzlich stand ich vor der Tür zu einem Zimmer, für das ich bisher keinen Schlüssel hatte. Zu einem Zimmer, von dem ich nur träumen konnte, es einmal zu betreten, während er sich dort ganz leicht bewegt. (…) Irgendjemand konnte bereits ausdrücken, wovon zu sprechen immer geträumt hatte, aber nicht wusste wie. Tarkovskij ist für mich der Größte, weil er dem Kino eine neue, besondere Sprache gegeben hat, die es ihm erlaubt, das Leben als Vision, als Traumbild zu erfassen.“

Leben und Sterben für die Kunst
Das großangelegte Werk des Schirmer Mosel Verlages über den wohl größten russischen Regisseur und einen der weltweit wichtigsten Filmemacher des 20. Jahrhunderts Andrej Tarkovskij (1932–1986) bezieht sich nicht nur auf seine größten Werke wie etwa „Stalker“ oder „Solaris“, sondern auch auf sein Privatleben und –leiden, seine Polaroids und seine Freunde. Der sowjetische Exilant, der nach den Dreharbeiten zu Nostalghia (Toskana, 1983) nie wieder nach Russland resp. die Sowjet zurückkehrte starb quasi während der Dreharbeiten zu seinem letzten Film, „Opfer“, den er 1985 in Schweden drehte. Tarkovskij war erst 54 Jahre alt und es gibt Spekulationen, die besagen, dass er aufgrund der Dreharbeiten zu seinem wohl bekanntesten Film, „Stalker“ starb. Diesen hatte er nämlich in einer Kartonagefabrik in der Nähe von Talinn in Estland gedreht, die verseucht war. Man sieht die Gefährlichkeit des Territoriums, der vermeintlichen „Zone“, tatsächlich auch förmlich im Film, nämlich als es im Sommer schneit und ein weißer Schaum auf dem Fluss schwimmt. Oder wenn beim telekinetischen Abschiedsbild, weiße Flusen über den Tisch segeln. Sind es nur Blüten? Nein, denn Tarkovskij starb im französischen Exil an Krebs. „Anders als häufig angenommen liegt die funktionale Bestimmung der Kunst nun aber eben nicht darin, Gedanken anzuregen, Ideen zu vermitteln oder als Beispiel zu dienen. Nein, das Ziel der Kunst besteht vielmehr darin, den Menschen auf seinen Tod vorzubereiten, ihn in seinem Inneren betroffen zu machen.“, so Tarkovskij in seinen eigenen Worten

„Ein Gott? Ein Genie? Ein Revolutionär? Ein russischer Mensch.“
26 Jahre nach seinem tragischen Tod und im Jahr seines 80. Geburtstags erscheint bei Schirmer/Mosel nun die lang erwartete erste große Monographie über das Gesamtwerk des Künstlers, die von seinem Sohn Andrej zusammengestellt wurde und von dem Filmhistoriker und -kritiker Hans-Joachim Schlegel und Lothar Schirmer ediert wurde. Als weitere Besonderheiten seien die 288 Filmbilder („stills“), die den Filmkopien entnommen sind, erwähnt, die die Schlüsselszenen Film für Film eingehend vorstellen. Großteils unveröffentlichtes Material: eine reiche Auswahl von Tarkovskijs eigenen Schriften, private Fotos aus dem Familienalbum, sowie die farbigen Polaroids von seinem letzten Russlandaufenthalt und den Dreharbeiten zu Nostalghia in Italien, zeigen Andrej Tarkovskij auch als Menschen. Etwa ein S/W-Foto als Soldat mit einer MP in der Hand, er hatte im „Großen Vaterländischen Krieg“ gedient. Oder ein anderes Foto seines Vaters, der in der einen Hand den kleinen Andrej hält und in der anderen eine junge Katze. Beide bäumen sich auf und schreien, aber Andrej sieht dabei in die Kamera, die Katze nicht. Neben den anfangs zitierten Persönlichkeiten - Jean-Paul Sartre und Ingmar Bergman – äußert sich auch der enge Freund Alexander Sokurov zu Tarkovskijs Werk und Person (Zitat: „Ein Gott? Ein Genie? Ein Revolutionär? Ein russischer Mensch.“) in einem mitreißenden Essay.

Außerdem ist bei demselben Verlag auch das Buch zu Tarkovskijs Science-Fiction Klassiker „Stalker“ lieferbar: „Die Zone. Ein Buch über einen Film über eine Reise zu einem Zimmer.“ von Geoff Dyer und „Lichtbilder: Die Polaroids“ von Andrej A. Tarkovskij/Giovanni Charamonte (Hrsg.) Mit einer Einführung von Tonino Guerra, das bereits 2004, erschien.

ANDREJ TARKOVSKIJ
Leben und Werk:
Filme, Schriften, Stills & Polaroids
Hg. von Andrej Tarkovskij jun.,
Hans-Joachim Schlegel
und Lothar Schirmer
320 Seiten, 350 Abbildungen,
davon 288 Filmbilder,
größtenteils in Farbe
EUR 68.-, EUR (A) 70.-, CHF 99.-
ISBN 978-3-8296-0587-8

[*] Diese Rezension schrieb: Jürgen Weber (2013-04-04)

Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.


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