Luke und Eva sind beide 29 und was sie verbindet nennt man gemeinhin Liebe, denn wenn sich zwei so völlig verschiedene Personen dennoch aneinander gebunden fühlen, gibt es wohl keinen anderen Ausdruck dafür. Beide sind 29, leben in London, aber während Luka als Anwalt arbeitet, verbringt Eva ihre Tage damit, Liebesromane Korrektur zu lesen oder zumindest so zu tun als ob. Die meiste Zeit schaut sie nämlich aus dem Fenster ihres Verlages und beobachtet, was sich auf der Straße, vor ihrer Nase so tut. Oft verliert sie sich auch in Tagträumen und sieht weiße Kaninchen, die es gar nicht gibt, aber als die Realität in Form eines zur Prostitution gezwungenen kroatischen Mädchen in ihr Leben eindringt, weiß sie dann sehr wohl, wie man richtig zu handeln.
Anders verläuft es das in ihrem eigenen Leben, denn da tut sie vielleicht nicht immer das andere. Während sie der Kroatin zur Flucht in ihre Heimat verhilft, verhilft sie sich selbst immer wieder zur Flucht aus Beziehungen, wenn sie ihr zu eng werden. Sie rechtfertigt es aber damit, dass erst das Ende einer Geschichte wirkliche Bedeutung verleihe. Oft denkt sie schon an das Ende, wenn eine Geschichte gerade erst begonnen hat und auch bei Luke, hat sie gleich nach den ersten paar Monaten das Gefühl, dass sie nicht für den Rest ihres Lebens ausgerechnet neben ihm aufwachen will. Aber dann werden es überraschenderweise doch drei Jahre, bis sich die Frage erneut stellt. Allerdings gibt er Luke auch wirklich guten Grund, und davon handelt der vorliegende Roman.
„In einem Abschied lag ein so großes Potential. Er war viel aufrichtiger, und während man sich voneinander entfernte, verschwanden einfach alle Fehler, die man gemacht, und alles, was man mit dieser Person zusammen geworden war, so dass man neu anfangen und das sein konnte, was man sein wollte.“ Ist es das, was Eva antreibt und sie immer wieder gerne von neuem beginnen lässt? Sich selbst immer wieder neu zu erfinden ist längst zum Reproduktionszyklus der spätkapitalistischen Produktionsweise geworden, aber muss sich das denn unbedingt auch in partnerschaftlichen Beziehungen fortsetzen? Aber wer ist sich seiner nicht auch manchmal selbst überdrüssig und würde nicht noch einmal gerne ganz von vorne anfangen? Und das geht wohl nur mit einem neuen Partner, einer neuen Partnerin, da ist sich Eva längst sicher.
Doch Luke macht es ihr dabei besonders schwer, was ihr früher so leicht gefallen ist. Denn sie hat Mitleid mit diesem Epileptiker, der sich immer gleich mehrmals nur für eine Sache entschuldigt, obwohl er ja meistens gar nichts dafür kann. Eine wichtige Rolle spielen in vorliegendem Roman auch die zufälligen Begegnungen und die absichtlichen Beobachtungen. Der dramaturgische Höhepunkt ist dann aber, wenn Luke Grace, die Schwester seiner Jugendliebe Mary, beinahe küsst und Eva den beidem aus dem Gestrüpp heraus beobachtet. Aber vielleicht hatte sie sich auch das wie das Kaninchen nur eingebildet, oder doch nicht? „Die Kunst, Schluss zu machen“ ist ein Liebesroman für alle jene, die es noch nicht ganz glauben wollen und es doch bald akzeptieren müssen, dass die Liebe eben oft nur ein Vorwand ist, um das zu erreichen, was man eigentlich möchte.
Anna Stothard
Die Kunst, Schluss zu machen
Aus dem Englischen von Hans M. Herzog
Roman, detebe 30019, 336 Seiten
Erschienen im Aug. 2013
ISBN978-3-257-30019-2
€(D) 14.90 / (A) 15.40 sFr19.90*
[*] Diese Rezension schrieb: Jürgen Weber (2013-11-07)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.