In seiner genauen Definition nach wie vor umstritten, gilt der Kalte Krieg doch auch heute noch als „das“ Dilemma des 20. Jahrhunderts: beide Seiten hätten prinzipiell „auf universaler Anwendung und globaler Gültigkeit“ ihres Systems beharrt, schreibt Stöver. Die Waffenbrüderschaft gegen den Nationalsozialismus wich der Institutionalisierung eines bipolaren Systems, dem beinahe alle anderen Konflikte in der Welt untergeordnet waren. Die meisten Konflikte standen in direktem oder indirektem Zusammenhang zum Konflikt der beiden Supermächte und selbst die außenstehenden Dritten, wie etwa die Bewegung der Blockfreien oder China, waren in die „Schlacht der Ideen“ zwischen der UdSSR und der USA involviert. Die in der wissenschaftlichen Literatur noch ausständige Periodisierung des Kalten Krieges setzt sich Bernd Stöver in seiner Publikation zum Ziel, was ihm in einer kurzen (120 Seiten) und prägnanten Lektüre auch gelingt.
Die genau 45 Jahre dauernde Auseinandersetzung begann mit der Truman Doktrin von 1947 und endete 1991 mit dem Zusammenbruch der Sowjet. Jedoch war der Kalte Krieg schon im Ost-West-Konflikt ideologisch unterlagert oder vorgezeichnet gewesen. Als Ost-West-Konflikt bezeichnet Stöver nämlich die „Auseinandersetzung zwischen `asiatisch-russischer´ und `westlicher´ Zivilisation und Mentalität“, der eigentlich mit der Oktoberrevolution von 1917 schon begonnen hätte, aber sogar schon im 19. Jahrhundert existiert hätte, etwa im Krimkrieg von 1854. Interessanterweise sprach der Franzose Toqueville sogar schon 1835 (!) von einer „ideologischen“ (sic!) Auseinandersetzung der beiden Mächte USA und Russland. Das idealistisch demokratische Prinzip in den Vereinigten Staaten stehe dem monarchischen des Zaren unvereinbar gegenüber, so Tocqueville in „Über die Demokratie in Amerika“.
„Der Kalte Krieg war im Gegensatz zum Ost-West-Konflikt jedoch ein permanenter und aktiv betriebener `Nicht-Frieden´, in dem alles das eingesetzt wurde, was man bisher nur aus der militärischen Auseinandersetzung kannte.“, so Stöver. Die Auswirkungen des Kalten Krieges seien auch im Alltag spürbar gewesen, da er eine „politisch-ideologische, ökonomische, technologisch-wissenschaftliche und kulturell-soziale Auseinandersetzung“ war. Eigentlich hätte es also nur Kombattanten gegeben: entweder man war für die eine, oder für die andere Seite. Wer sich dazwischen befand, wurde von beiden Seiten als Verräter gebrandmarkt. Gefährlich wurde dieser „ideologisierte“ Krieg nun vor allem durch die Gefahr einer atomaren Auseinandersetzung zwischen den Supermächten, an der die Welt in dieser Geschichtsperiode immer wieder knapp vorbeischlitterte. General MacArthur forderte etwa im Koreakrieg (1950-53) den Einsatz von Atomwaffen, worauf er von seinem Präsidenten abberufen wurde, denn Truman sah das Potential eines Weltkrieges vor allem auch durch die Verwicklung Chinas in den Koreakrieg auf Seiten Nordkoreas. In der Kubakrise 1961/62 hingegen, überlegte ausgerechnet der allseits beliebte Kennedy den Einsatz von Atomwaffen, wozu es dann doch nicht kam, dafür gibt es seither den „heißen Draht“, das Rote Telefon.
Wer eigentlich schuld war, am Ausbruch des Kalten Krieges? Stöver nennt drei grundsätzliche Erklärungsmuster, in der ersten, der traditionellen Vorstellung, werde Russland beschuldigt seit 1917 die Oktoberrevolution zur Weltrevolution ausbauen zu wollen und damit einen grundsätzlich aggressiven Kurs gegen den Westen zu fahren. Die sog. revisionistische Erklärung wiederum betont die amerikanische Verantwortung für die Entstehung des Kalten Krieges. Die Erschließung neuer Rohstoff- und Absatzmärkte, auf der die wirtschaftlich-politische Struktur der USA aufbaue, sei ebenso aggressiv, wie die ideologische Expansion der SU. Die postrevisionistische Interpretation lässt sich seit den Siebzigern ausmachen: „Kontinuierlich habe die verfehlte Wahrnehmung falsche Entscheidungen produziert“, die Fehlinterpretationen beider Seiten seien für die „rasante Entstehung und bedrohliche Entwicklung der Auseinandersetzung maßgeblich“.
Eine Periodisierung nimmt Stöver nun vor allem anhand der Konflikte vor, die den Kalten Krieg prägten. Die Phase 1948-1955 beschreibt er mit der Berlin-Krise und dem Korea-Krieg und einer möglichen Eskalation in Ungarn und der Suezkrise, die ebenso wie Korea fast zu einem atomaren Waffeneinsatz geführt hätte. Darauf folgte eine Stillegung des Konfliktes zwischen 53 und 61 durch Mauerbau und Konsolidierung und der Veränderung des Schauplatzes in den Süden. Wesentlich war in dieser Phase natürlich die veränderte Außenpolitik Chrustschows nach Stalins Tod, aber die Kubakrise führte zu einer erneuten Eskalation. Auf eine relative Periode der Entspannung folgte die Rückkehr zur Konfrontation ab 1979 in Afghanistan. Die Reagan-Doktrin, Mittelstreckenraketen, SDI und Friedensbewegung hätten schließlich zur letzten Phase des Kalten Krieges geführt, in der der Ostblock langsam zerfiel. In diesem letzten Kapitel wird selbstverständlich auch die Rolle Gorbatschows geschildert und die Frage nach einem Sieg des Westens im Kalten Krieg gestellt.