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Barbara Sternthal - Gustav Klimt 1862-1918
Buchinformation
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Sternthal, Barbara:
Gustav Klimt 1862-1918

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(Bücher frei Haus)

„Man muss verstehen, sich verhasst zu machen. Der Wiener hat nur vor Leuten Respect, die ihm eigentlich zuwider sind“, schrieb Hermann Bahr 1898 in Anspielung an die Gründung der Wiener Secession, die von Gustav Klimt und 18 weiteren bildenden Künstlern Ende des 19. Jahrhunderts realisiert wurde. Und in der Tat, steht nicht ein nicht ganz unähnliches Zitat von Friedrich Schiller auf einem der berühmtesten Gemälde Klimts, der „Nuda Veritas“: „Kannst du nicht allen gefallen durch deine That und dein Kunstwerk – mach es wenigen recht. Vielen gefallen ist schlimm“.

Schlimm genug…
Die Nuda Veritas wurde bei der IV. Ausstellung der Secession, 1899, vorgestellt, und erregte - wie so vieles von Klimt - kontroverse Diskussionen, ja, polarisierte sogar die wohl leicht erregte (!) Öffentlichkeit. Derselbe eingangs erwähnte Bahr kaufte das Bild übrigens später und ließ es in die Holzvertäfelung seines Arbeitszimmers integrieren. Seine Witwe sollte es dann der Theatersammlung der Österreichischen Nationalbibliothek überlassen und es vielleicht so vor der Vernichtung bewahren. Heute befindet sich das Bild im Theatermuseum, wäre nicht gerade im Wiener Belvedere eine große Klimt-Hoffmann Rückschau eröffnet worden: diese zeigt die nackte Wahrheit, Nuda Veritas, neben einem 1897 entstandenen Gemälde des belgischen Symbolisten Fernand Khnopff. Eine Gegenüberstellung, die wohl ebenso provoziert, wie die schiere Nacktheit der darauf abgebildeten Allegorie, die einem unter den Goldlettern des Schiller-Ausspruchs zudem auch noch den Spiegel und nicht nur ihren nackten Busen und Scham entgegenhält. Bei Khnopff aber nicht ganz so schlimm.

Gustav Klimt…der (un)typische Künstler
Gustav Klimt, der heute wohl vielen gefällt und damit „schlimm“ genug im Schiller`schen Sinne wohl auch das seinige dazu beigetragen hat, nämlich unter anderem seine Skandale, gilt gemeinhin als Inkarnation des reinen Künstlers. Der ewige Junggeselle, der umgeben von seinen Musen, sich nichts anderem als seiner Kunst widmete und zudem nur sehr ungerne auf Reisen ging, lange Spaziergänge nach Schönbrunn machte, wo er im Tivoli zu frühstücken pflegte, um sich anschließend – durch Schlagobers (!) gestärkt - seinen Modellen zu widmen, sei ein sehr großzügiger und gleichzeitig bescheidener Mensch gewesen, schreibt Barbara Sternthal in ihrer kleinen und sehr bunten, reich illustrierten Biographie des Wiener Christian Brandstätter Verlages. Gustav Klimt, der eigentlich in Baumgarten (heute XIV. Bezirk) in bescheidenen Verhältnissen geboren wurde, war vielleicht ein bescheidener Mensch, aber gleichzeitig einer der provokantesten Künstler der Jahrhundertwende. „In seiner ihm eigenen Bedächtigkeit“, schreibt Sterntahl, „entwickelte Klimt sich weiter – nicht mit nervöser Umtriebigkeit, sondern in konzentrierter Kontemplation.“ Und von einem Skandal zum nächsten.

Der Künstler an Mutter`s Herd…
In gesellschaftlichem Umgang sei er eher „ungelenk und schüchtern“ gewesen, ergänzt sie einige Seiten weiter und er habe in unüberhörbarem Wiener Dialekt gesprochen. War Klimt ein Stubenhocker? Ein Kosmopolit jedenfalls mitnichten. Urlaub machte er am liebsten in der Heimat, genauer gesagt am Attersee in Oberösterreich, dort verbrachte er oft mehr als zwei Monate mit seiner Langzeitgeliebten Emilie Flöge, die zwar nicht seine Freundin war, aber wohl auch nicht nur (irgend)eine Freundin. Immerhin schrieb er ihr - wenn auch sehr unverfängliche – Postkarten, 399 Stück über die Jahre ihrer langen Bekanntschaft hinweg, eine Freundschaft, die wohl mehr als eine ewig wiederholte Sommerliebe am See gewesen sein dürfte. Vielleicht durfte es seine Mutter einfach nicht wissen: der Künstler lebte bis drei Jahre vor seinem eigenen Tod, auch noch mit 53 Jahren, bei seiner Mutter. Und auch als diese starb heiratete er nicht, sondern lebte bis 1918, seinem eigenen Tod, bei seinen beiden Schwestern. Er war wohl auch in dieser Hinsicht ein sehr unkonventioneller Künstler, dieser Gustav Klimt. Nur die Mama, durft`s halt nicht wissen.

…seine Werke in der Welt
Mehr als 14 Kinder soll er gezeugt haben, zeitlebens hatte der aber nur drei anerkannt, diese aber stets gut versorgt. Überlebt hatte nur sein Sohn, Gustav Ucicky, der sich ausgerechnet den Nazis als Filmemacher angedient hatte. Aber das erlebte Gustav Klimt nicht mehr, auch nicht die Verbrennung seiner berühmt-berüchtigten Fakultätsbilder in Schloss Immendorf durch die deutschen Truppen. Diese Bilder hatten 1904 einen weiteren seiner völlig unverschuldeten Skandale provoziert, aufgrund ihres angeblich „pornographischen“ Inhalts. Leider sind nur mehr Vorstudien und Skizzen dieser wohl größten Werke des Malers erhalten, der beinahe die ganze Monarchie ausgeschmückt hatte: Erwähnt seien hier nur noch seine Werke außerhalb Wiens, die Deckenfresken, ein Proszeniumbild und der Theatervorhang im Theater in Karalsbad; die Austattung des Bukarester Nationaltheaters; das Treppenhaus in Schloss Pelesch; die Hermesvilla bei Wien, wo die Künstler-Compagnie Teile des Schlafzimmers mit Szenen aus Shakespeare`s „Sommernachtstraums“ ausstatteten; ein Deckenfresko und ein Theatervorhang in Reichenberg, dem heutigen Liberec; schließlich sechs Deckenfresken des Stadttheaters von Fiume, dem heutigen Rijeka. Mehr als 100 Jahre später befinden sich natürlich auch viele andere Werke Klimts im Ausland, darunter das Porträt von Adele Bloch-Bauer, die „goldene Adele“, die zu einem Rekordpreis von mehr als 100 Millionen Dollar von Ronald Lauder ersteigert wurde und heute in der Neuen Galerie in New York hängt. Aber am meisten von Klimt zu sehen, bekommt man natürlich in Wien, denn diese Stadt widmet ihrem Maler einen ganze Reigen an Sonderausstellungen zu seinem 150. Geburtstag im nächsten Jahr, 2012.

Barbara Sternthal
Gustav Klimt 1862-1918 | Mythos & Wahrheit
ISBN 978-3-902510-89-1
www.cbv.at
Format 13,5 x 21 cm
112 Seiten, ca. 150 Farb- und s/w-Abbildungen, Broschur mit breiten Klappen

[*] Diese Rezension schrieb: Jürgen Weber (2011-10-27)

Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.


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