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Rezensionen


 
Ulrike Sterblich - Drifter. Roman.
Buchinformation

Das vierte Buch von Ulrike Sterblich das bei Rowohlt erscheint, wurde bereits für den Deutschen Buchpreis 2023 nominiert. "Dritter" ist der Name eines fiktiven Schriftstellers, der von Wenzel über alles geliebt wird. Doch dann tritt eine Frau, Vica, in sein Leben, die nicht nur ein goldenes Kleid trägt, sondern auch eine Ausgabe des neuen Drifters, "Elektrokröte", in Händen hält, die noch gar nicht erschienen ist. Wie das?

Soufflé oder nicht soufflé

Die launig und sehr unterhaltsam geschriebene Geschichte von Ulrike Sterblich ist aber keine Geschichte von der Lieben, sondern viel eher über die Freundschaft. Die Freundschaft zwischen Wenzel und Killer. Killer, der PR-Chef einer großen Firma und Wenzel,
der die Social-Media-Kanäle eines TV-Senders betreut sind ein ungleiches, aber unzertrennliches Paar. Paar natürlich nicht als Ehepaar, denn sie sind beide bekennende Frauenschwärme. Killer mehr als Wenzel. Aber auch das wird sich noch legen. Denn Killer wird eines Tages vom Blitz getroffen und das ändert nicht nur sein Leben, sondern auch das von Wenzel. Allerdings ganz unabhängig voneinander. Denn Wenzel arbeitet jetzt plötzlich für die Dame mit dem tanzenden Zottelhund, Vica. Diese betreibt eine wüste Videoagentur, die nur exklusiven Gästen drei Videos pro Woche zusendet. Sobald ein neues erscheint, wir das älteste der drei wieder gelöscht. Exklusivität als auch als Einmalerlebnis. Wenzel kommt ja eigentlich noch aus einer alten Geschichte, dem Liebeskummer mit Gesine, aber die hat ihn wegen eines Promi-Schifahrers abblitzen lassen resp. ohnehin nur als Ersatznummer behandelt. Mißtrauisch geworden ergeht es ihm ähnlich bei Vica: "Ich kann jedenfalls absolut nicht einordnen, in welcher Größenordnung sie sich bewegt, ob sie ein völlig überspanntes Hochstaplertum abzieht, das bald in sich zusammenfällt, also ob sie ehr einer Soufflé ist, oder ob sie, umgekehrt, unfassbar unterschätzt wird (...)."

Zeitgenössischer Flow aus Berlin-Milieu

Das Spiel mit Namen. Ulrike Sterblich liebt Wortspiele und setzt diese gekonnt ein, um Verwirrung zu stiften. Nicht zuletzt deswegen heißt einer ihrer Protagonisten ja auch Killer und hat so gar nichts mit Killen im Sinn. Sterblich's Sprache ist leger, läßig und locker und reißt hinab in den Strudel des Ich-Erzählers, der alles dafür tut, nicht untergehen zu müssen und sich dennoch vergeblich an einem Strohalm festhält: Vica. Versatzstücke aus der Alltags- und Pop Kultur der Postmoderne setzt die Autorin ebenso gekonnt ein, wie philosophische Abhandlungen über das Zeitliche: "Aber Ursache und Wirkung, dahinter steckt ein zeitliches Konzept. Und Zeit ist als gesellschaftliches Organisationsprinzip wichtig und komplett legitim, aber Zeit ist keine reale Dimension." Anekdoten lösen sich mit Pointen ab und auch die Bildung kommt nicht zu kurz: der McGurk-Effekt lässt grüßen. Selten hat man ein Buch gelesen, das dennoch so nahe am Zeitgeschehen und am zeitgenössischen Diskurs dran ist, dass man bis zum Schluss nahtlos dranklebt. "Die Verluste sind der Reichtum", einer von vielen Sätzen die aus dieser gelungenen Posse herausragen und Ewigkeitsanspruch anmelden. Den Drifter möchte man bald selbst in Händen halten, aber vorher hat der Plot noch ein riesiges Fest vorgesehen, wo sich Hinz und Kunz treffen und der Roman kumuliert. Ein vergnügliches Stück Lektüre, das seinesgleichen sucht. Der Sommerroman 2023!


Ulrike Sterblich
Drifter. Roman.
2023, Hardcover, 288 Seiten
ISBN: 978-3-498-00326-5
Rowohlt Verlag

[*] Diese Rezension schrieb: Jürgen Weber (2023-08-23)

Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.


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