Der in Neapel geborene Lehrer, Drehbuchautor und Journalist legt mit „Confidenza“ (so der italienische Originaltitel) ein Werk vor, das trickreicher nicht sein könnte. Die Klammer der leider zu kurz geratenen Erzählung bildet die Liaison von Pietro Vella mit Teresa, die sich beide ein Geheimnis verraten und versprechen, es nie weiter zu erzählen. Auch nicht ihren Ehepartnern.
Moral-Ehe zur Beichte
Sowohl Teresa als auch Pietro heiraten dann wen anderen. Beide machen Karriere und/oder haben Kinder und am Ende ihres Lebens wird ihr Geheimnis auf eine ebenso amüsante wie abwechslungsreiche Art und Weise wieder miteinander verknüpft. Dazwischen spannt sich ein Bogen aus Liebe, Leidenschaft und Vulkanausbrüchen, wie man sie sich nicht schöner wünschen könnte. Auch die Sprache Staronone ist intelligent und so spitz, dass es eine wahre Freude ist, sich von seinem Spannungsbogen verzaubern zu lassen. Die Geheimnisse, die sich Pietro und Teresa anvertraut haben, werden alsbald zur Drohung, denn jeder könnte jederzeit das auf fragilen Pfeilern aufgebaute Glück mit einem jeweils andere/n gefährden. Der Lehrer (33) und die Schülerin (23) stehen ihr Leben lang in einer Art Moral-Ehe, in der einer dem anderen die Leviten liest. Beide streiten jedoch ab, sich immer noch zu lieben, denn sie haben inzwischen ein eigenes Leben, eine eigene Karriere und sie sind glücklich. Glücklich?
Spannungsbogen voller Überraschungen
Durch einen kleinen Trick am Ende erhöht Starnone den Spannungsbogen noch zusätzlich, da er einen Perspektivenwechsel einführt, den man so wohl noch bei keinem Roman erwartet hätte. Die Pointe hat es dann so in sich, dass man zwar erleichtert die Spannung abbaut, dann aber doch enttäuscht ist, dass das Gewitter schon vorbei ist. Aber es gibt ja noch andere Werke dieses Schriftstellers, die es lohnen entdeckt zu werden! Domenico Starnone wurde mit seinen zahlreichen, in viele Sprachen übersetzten Romanen nicht nur in Italien berühmt und gewann unter anderem den Premio Strega oder war für den National Book Award nominiert. Die Verfilmung seines Buchs „Lacci“ („Auf immer verbunden“) eröffnete die Biennale in Venedig 2020. Starnone lebt mit seiner Frau, der Übersetzerin Anita Raja, in Rom. Ein Roman, den man nicht nur Lehrerinnen und Lehrern ans Herz legen möchte.
Domenico Starnone
Im Vertrauen
Aus dem Italienischen von Martin Hallmannsecker
SALTO [258]. 2021
168 Seiten. Fadengeheftet. Rotes Leinen
ISBN 978-3-8031-1357-3
Wagenbach Verlag
20,– €
[*] Diese Rezension schrieb: Jürgen Weber (2021-05-03)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.