„Lohnarbeit, Gartenarbeit, Beziehungsarbeit, Blowjob – alles ist zur Arbeit geworden.“
In einem aufgelockerten, aber nicht weniger ernsthaften, stellenweise gar regelrecht provokativen Text geht der in Berlin lebende freie Schriftsteller Patrick Spät den Phänomenen unserer spätkapitalistischen Arbeitsgesellschaft nach und unterzieht sie einer radikalen Kritik. Er nennt die Arbeit „das Lebenselixier des modernen Menschen“, das wir einen Fetisch vor uns hertragen, und von dem wir uns versklaven lassen.
Es ist eine profund argumentierende Kritik am Arbeitswahn und gleichzeitig ein Lob des kreativen Müßiggangs. Arbeit muss ordentlich bezahlt werden und sie muss den Menschen ausfüllen. Das klingt nach anarchistischer Utopie, und Patrick Spät sagt, dass er durchaus von einer solchen Utopie träumt. Einer Gesellschaft, „in der Solidarität herrscht. In einer Gesellschaft, in der wir vielleicht nicht ständig die Arbeitsprodukte, sondern auch die Arbeit selbst tauschen. In einer Gesellschaft, die nicht auf Kosten anderer lebt…“
Nelia Fehn, der Hauptfigur von Marlene Streeruwitz neuem gesellschaftskritischen Roman „Nachkommen“ würde dieses kleine Buch von Patrick Spät gefallen. In „Nachkommen“ sagt sie an einer Stelle:
„Ich kritisiere nicht. Ich lehne ab. Ich lehne jede Verantwortung für alle diese Erbschaften ab, mit denen ich belastet werde. Jede Verantwortung."
Eine neue Generation der Ausgang des vergangenen Jahrhunderts Geborenen wächst da heran, von der man noch mehr hören wird, die sich mit Verweigerung zunächst ihre Freiheit schafft und dann vielleicht mit viel Phantasie eigene Lebensentwürfe umsetzt, die früher oder später auch die Mitte der Gesellschaft und ihren Arbeitswahn erreichen wird.
Noch einmal Patrick Spät: „Statt unsere Kinder zu fragen: Und, was willst du mal werden?, sollten wir fragen: Wer willst du mal werden? Was für Ziele und Träume hast du?“
Patrick Spät, Und, was machst du so. Fröhliche Streitschrift gegen den Arbeitsfetisch, Rotpunktverlag 2014, ISBN 978-3-85869-616-8
[*] Diese Rezension schrieb: Winfried Stanzick (2014-07-23)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.