„Klimt war ein typischer Wiener“, soll Felix Salten einmal gesagt haben „und das nicht nur aufgrund seines Charakters und Gemüts, sondern auch weil er überall gefeiert wurde - nur nicht in Wien“. Im Gegenteil, es gab sogar Zeiten in denen der Künstler von seinen Wienern in Wien beschimpft wurde und so wird Klimt immer wieder mit Skandalen in Verbindung gebracht, für die er - als Künstler - eigentlich gar nichts konnte. Sein „Verbrechen“ war es nackte oder schwangere Frauen in teilweise sexuellen Posen zu malen, aber viel schlimmer noch, eine „ödipale Revolte“ (Carl Schorschke) gegen die Väter anzuführen. Einer dieser Überväter war Hans Makart, bei dem Klimt gelernt hatte, aber gegen mit dem er aufgrund seines überalteten Kunstbegriffes brach. Vielleicht ist das Verhältnis vergleichbar mit jenem zwischen Jung und Freud, da auch diese Beziehung als von einer ödipalen Revolte gekennzeichnet betrachtet werden könnte, wie etwa „A Dangerous Method“ von Davic Cronenberg dieser Tage so eindrucksvoll gezeigt hat.
Zwischen den Frauen: ein Klimt
Anna, Hermine und Klara hießen die drei wichtigsten Frauen seines Lebens. Denn mit ihnen lebte er bis an sein Lebensende zusammen: die Mutter, die ältere und die jüngere Schwester. Was sein Liebesleben betraf galt die Aufmerksamkeit seiner mehr als 400 Postkarten vor allem eine Frau, Emilie Flöge, die er zwar zeitlebens liebte, aber mit der er nie den eigentlichen, wichtigsten Schritt der Liebe wagte. Zu viele Modelle waren wohl in seinem Atelier, die ihn zwar nicht von der Arbeit abhielten, sondern genau zu diesem Zweck da waren: ihn zum Arbeiten aufzufordern. Emilie Flöge blieb ebenso unverheiratet wie Klimt, und so konnten sie die Sommer immer gemeinsam am schönen Attersee verbringen, ohne dass Sittenwächter oder Moralapostel sie dort gestört hätten. Die Schwester Emilies, Helene Flöge, hatte 1891 Ernst Klimt geheiratet und nachdem dieser im Dezember 1892 gestorben war, wurde Gustav Klimt zum Vormund der kleinen Helene Flöge bestimmt, Emilie war damals 18 Jahre alt. 1904 eröffneten die Schwestern Flöge einen Modesalon in Mariahilf, die „Casa Piccola“. Gustav Klimt habe im „Kuss“, seinem bekanntesten Gemälde, Emilie und sich selbst für immer verewigt, auch wenn dabei wohl keiner an die beiden denken mag, denn das Schicksal dieser Liebe ist ja nicht unbedingt nachahmenswert.
Die Sezession und die Nacktheit
„Das Grabmahl des Mahdi“, „Kreuzung von Glashaus und Hochofen“, „Tempel für Laubfrösche“ et al: mit solchen und anderen noch weniger schmeichelhaften Worten wurde die Secession (Architekt: Joseph Maria Olbrich) bei ihrer Einweihung am 12. Oktober 1898 von Zeitgenossen bedacht und auch Klimts bekanntestes Werk, das Beethoven-Fries, das immerhin 32 Laufmeter der Sezession schmückt fand wenig Zustimmung bei Publikum und Kritik. Heute gilt die Secession vielen Museen als Vorbild für ihre White Cube Architektur und gehört zu den Höhepunkten jedes Wienbesuchs. Finanzier des Jahrhundertbaus war u. a. Karl Wittgenstein, der Vater des später so berühmt gewordenen Philosophen Ludwig. Gustav Klimt sollte 1905 auch ein Porträt von Margarethe Stonborough-Wittgenstein fertig stellen, das – wenn es nicht gerade wie dieser Tage auf Tournee ist – zur Pinakathek in München gehört. Die Secession sollte übrigens mehrmals verändert werden, 1908 weil Ludwig Hevesi ihr sein berühmtes Motto über die Kunst und Kolo Moser ihr seine Fensterrosette entzog. 1964/64 soll dies wieder hinzugefügt worden sein, um 1984 eine weitere Intervention von Adolf Krischanitz zu erfahren. Die Renovierung der vergoldeten Kuppel der Sezession wurde ein Jahr darauf von der Ronald S. Lauder Foundation übernommen, was ein wunderbarer Übergang zu Klimts zweibekanntesten Gemälde schafft: die Goldene Adele, das Gemälde das auf dem Kunstmarkt bisher den höchsen Preis international erzielte.
Spaziergänge durch Klimts Wien
Das sowohl s/w als auch farbig illustrierte Klimt-Taschenbuch informiert über viele weitere Spaziergänge in Wien auf den Spuren Klimts. Darunter befindet sich auch das letzte Atelier Klimts, das dieser in Hietzing in der Feldmühlgasse bezogen hatte. Künstlerateliers haben ja seit jeher die Aura des Authentischen und Magischen, man denke etwa an die Villa Wahnfried in Bayreuth, wo wegen der Festspiele ohnehin schon Millionen hinpilgern, um Richard Wagners Grab zu sehen oder von der Villas Wohnzimmer drauf hinauszuschauen… Bei Klimt ist es etwas schwieriger solche Kultorte zu kreieren, da sowohl sein Geburtshaus als auch sein eigentliches Atelier in der Josefstädterstrasse städtebaulichen Überlegungen hatten weichen müssen. Immerhin wohnt der heutige österreichische Bundespräsidente in dem Haus, das an der Stelle des Ateliers im VIII. Bezirk errichtet wurde, wissen die beiden Autorinnen des vorliegenden Buches. Man möchte hoffen, das ihn das auch inspiriert. Als jedenfalls 1911 das Haus des Ateliers in der Josefstadt abgerissen worden war, benutzte Klimt bis zu seinem Tode 1918 die Feldmühlgasse in Hietzing, Wien XIII. Das war insofern praktisch, als es näher zu Schönbrunn und zum Tivoli war, wohin Klimt ohnehin gerne spazieren und frühstücken ging. Hierher kam ihn auch Schiele gerne besuchen, der in der Nähe sein Atelier hatte. Beinahe hätte 1999 (!) dieses Atelier aber dasselbe Schicksal erlitten, wie das in der Josefstadt, hätte sich nicht der Verein Gedenkstätte Klimt gegründet, der dies seither zu verhindern wusste. Ab Ende 2012 soll dieses Atelier dann auch der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Man darf also weiterhin gespannt sein, was das Klimt Geburtstagsjahr 2012 noch zu bieten hat. http://www.klimt.at/ http://www.metroverlag.at/
Monika Sommer/Alexandra Steiner-Strauss
Gustav Klimt und Wien
Spaziergänge zu den Orten seines Wirkens
Metro-Verlag 2012
[*] Diese Rezension schrieb: Jürgen Weber (2012-02-22)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.