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Stefano Sollima - Romanzo criminale - Staffel 2
Buchinformation
Sollima, Stefano - Romanzo criminale - Staffel 2 bestellen
Sollima, Stefano:
Romanzo criminale -
Staffel 2

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(Bücher frei Haus)

er König von Rom ist tot. Es lebe der neue König! Aber wer wird dem „Libanesen“, der in der letzten Episode der ersten Staffel von zwei Motorradfahrern erschossen wurde, nachfolgen? Die Diadochenkämpfe brechen erst sehr zaghaft aus, um sich dann im Laufe der zweiten Staffel zu einem richtigen Gemetzel zu entwickeln. Dabei gerät auch der letzte Gerechte, Commissario Scialoja, zwischen die Fronten, nämlich zwischen die der Bande und der des italienischen Geheimdienstes. Die innenpolitischen Erschütterungen der Aufdeckung der P2-Loge wird als Hintergrund dieser auf einer wahren Begebenheit basierenden italienischen TV-Serie verwendet und trägt zusätzlich zur hochspannenden Brisanz dieser „kriminellen Romanze“ bei.

Die 80er: Große Gesten und cooler Soundtrack
„Romanzo“ steht im italienischen nämlich nicht nur für „Romanze“, sondern auch für „Roman“ und diesen verfasste kein Geringerer als Giancarlo De Cataldo. Die „Banda della Magliana“, die reale Vorlage für die Serie „Romanzo criminale“, terrorisierte die Hauptstadt Italiens für beinahe 15 Jahre, zwischen 1977 und 1989. Die Serien-Darsteller von Il Libanese (Francesco Montanari), Il Freddo (Vinicio Marchioni), Il Dandi (Alessandro Roja), (Marco Bocci), Patrizia (Daniela Virgilio) und Bufalo (Andrea Sartoretti) wurden so gut ausgewählt, dass eine zweite Staffel einfach folgen musste, denn noch nie wurde so eine authentische, glaubwürdige Serie über die Mafia und ihre Hintergründe gedreht, wie „Romanzo Criminale“, die von in- und ausländischen Kritikern mit Lorbeeren überhäuft wurde. „Romanzo Criminale“ ist aber auch ein Zeitdokument über die 80er Jahre und tatsächlich sehr lustig ist z.B. die letzte Episode der zweiten Staffel in der Dandi und Donnatella mit „modernen“ Mobiltelefonen kommunizieren, die so schwer sind, dass man sie sich umhängen muss. Auch der Soundtrack der Serie stammt aus den Achtzigern, darunter OMD oder Joy Division, aber auch italienische Klassiker wie Vasco Rossi („liberi, liberi“) oder Nicola Samale („Lilly“), Gazebo, Devo, Bonnie Tyler. Die Musik wird immer wieder gerne verwendet, um besonders grausame Szenen mit der richtigen Atmosphäre auszustatten, dabei sollte man auch gut auf die Texte hören, die natürlich zur jeweiligen Handlung gut ausgewählt wurden. Wenn etwa der Herr Abgeordnete sich von einer Domina auspeitschen lässt, ertönt der Schwulenklassiker „Tainted Love“ von Soft Cell oder wenn die Mörderbande am Strand rumhängt wird „Sunshine Reggae“ von Laid Back intoniert.

Politische und körperliche Nacktheit
Natürlich tauchen auch A-Hörnchen und B-Hörnchen (die beiden Beamten des Innenministeriums aka Geheimdienstes, die wir schon aus der ersten Staffel kennen) in Staffel 2 wieder auf. Die Szene mit dem Abgeordneten im Bordell wird übrigens von den beiden für die Akten gefilmt, denn man kann ja nie wissen, vielleicht braucht man den Herrn Abgeordneten ja mal und dann kann man ihn erpressen. Wie sagt es der Vorgesetzte von A-Hörnchen und B-Hörnchen so schön: „Das Beste an unserer Arbeit ist, dass wir keine Lügen erfinden, wir erfinden die Wahrheit.“ Die Staffel zwei zeigt deutlich mehr Fleisch als die erste, etwa wenn Patrizia nach der Durchsuchung ihres Bordells von einer Polizeibeamtin auf der Wache leibesvisitiert wird. Auch mehr Nacktheit wird gezeigt, etwa die „Neue“, Donatella, die mit Fredo ein Verhältnis beginnt und ihren Prachtkörper mehrmals vor der Kamera spazieren führt. Aber nicht nur körperliche Nacktheit wird gezeigt, auch politische: die reale P 2 Loge wird dezidiert angesprochen und die Liste derer, die in die Verschwörung involviert waren, mehrmals in verschiedenen Varianten zitiert, „natürlich ohne Namen zu nennen“. Die Loge hatte ihren Höhepunkt zwar in den Siebzigern und war 1982 schon aufgeflogen, aber es ist wohl dennoch mutig, das Thema in einer Krimiserie anzusprechen, zumal auch Berlusconi ein Mitglied dieser Loge gewesen sein soll. Die P 2 wusch nicht nur Mafiagelder rein, sondern plante auch einen Staatsstreich, dessen Ziel die Errichtung einer Präsidialrepublik gewesen wäre. Als Konsequenz der Enthüllungen der Liste musste MP Forlani damals zurücktreten.

Mauerfall als Ende zweier Systeme
Ironischerweise endet die Staffel 2 von Romanzo Criminale dann mit dem Mauerfall und der „bescheidene Diener des Vaterlandes“, der Commissario Scialoja in seiner Privatwohnung aufsucht, schimpft über die Veränderungen, denn er habe in seinem Leben ja alles getan, damit diese Mauer stehen bliebe. Jetzt wo er vor den Trümmern seines Lebenswerkes (und der Mauer) stünde, wäre es doch an der Zeit, dass andere Männer die Geschicke des Staates übernähmen. Doch Commissario Scialoja zögert, denn er weiß um die Verantwortung und Korruption in diesen Sphären der „ehrenwerten Gesellschaft“, wo sich Hochfinanz mit Mafia und Camorra überschneiden, eben wie in der P 2. So hatte der Mauerfall wohl auch zum Ende eines bestimmten Systems und einer solchen Politik auch im Westen beigetragen, nicht nur im Osten. Weitere dramaturgische Elemente sind etwa das Auftauchen von Libane in den Tag- und Nachtträumen von Dandi, der sich immer mehr zum kaltschnäuzigen Nachfolger des Bandenbosses herauskristallisiert. Sein Blick richtet sich immer mehr von oben nach unten, indem er das Kinn hebt und auch sonst hatte er „il puzzo sotto il naso“ wie der Italiener sagt. Schließlich ist er es, der die Bande in die Kreise der Hochfinanz und der Börsengeschäfte einführt und seinen und ihren Gewinn dabei mehr als verdreifacht. Ab und zu – auf seinen Stationen des Aufstiegs – begegnet ihm Libane als Spiegelbild und erinnert ihn an seine eigenen Verstrickungen bei seiner Ermordung. Libane kündigt Dandi auch seinen eigenen Tod an, der vielleicht auch das Ende der Bande bedeuten könnte. Oder übernimmt Buffalo wider Erwarten doch noch das Ruder? Commissario Scialoja hat in der gesamten zweiten Staffel keinen Schnauz mehr, vielleicht hat er ihn ja auf Anraten Patrizias in der zweiten Staffel ganz abrasiert, aber er scheint doch immer noch durch. Endlich sieht er wie ein Mann aus und nicht mehr wie ein Wiedergänger Freddie Mercurys und vielleicht verschafft ihm ja auch das die lang ersehnte und heißbegehrte Nacht in Patrizias Bett.
„Romanzo Criminale“ ist nicht nur aufgrund seiner Charakterstudien und seiner Machart insgesamt zu empfehlen, sondern auch wegen dem richtigen und gekonnten Einsatz der Musik. Spannend wird die Serie natürlich auch durch ihren realen Hintergrund und die authentische Darstellung der Mimen. Wer mit Italien, Mafia, Politik aufgewachsen ist, muss „Romanzo Criminale“ einfach gesehen haben!

Stefano Sollima
Romanzo criminale - Staffel 2 (DVD)
500 Min auf 4 DVDs Edel Germany
farbig, Spieldauer: 500 Minuten
Bild: Widescreen Sprache: Deutsch, Italienisch

[*] Diese Rezension schrieb: Jürgen Weber (2013-03-13)

Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.


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