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Patti Smith - M Train
Buchinformation
Smith, Patti - M Train bestellen
Smith, Patti:
M Train

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(Bücher frei Haus)

„Der dunkle Stein in meinem Herzen pulsierte leise und fing Feuer wie eine Kohle im Ofen“, schreibt Patti Smith an einer Stelle ihrer „Erinnerungen“ und es pulsiert und vibriert tatsächlich ganz schön aufregend in diesem Roman mit dem im Buch leider unerklärt gebliebenen Titel „M Train“. Es könnte der Zug in New York sein, der sie täglich, zehn Jahre lang, in ihr Lieblingscafé `Ino brachte, wo sie stundenlang an ihrem Tisch und auf ihrem Stuhl saß (der Besitzer schenkte ihr beides später), um Kaffee zu trinken und Bücher zu lesen oder einfach nur zu schreiben, aber schreiben tut sie eigentlich nur, wenn sie nichts zu lesen hat oder etwas zum Lesen braucht. Bis es eines Tages einfach geschlossen wurde.

Poesie und Dichtung
Die passionierte Kaffeetrinkern – sie trinkt täglich bis zu 14 Tassen ohne davon einen hohen Blutdruck zu bekommen – erzählt aus ihrem Leben, das sie so sträflich mit dem Tod der anderen bestrafte. Denn nicht nur Robert Mapplethorpe – ihr erster Mann – schied viel zu früh aus ihrem Leben, sondern auch Fred Sonic Smith, ihr zweiter Mann, von dem sie auch eine Tochter und einen Sohn hat. Kurz nach dessen Tod starb auch noch ihr Bruder Todd. Unzählig sind auch die Toten ihrer Generation, die sie alle überlebte und auch in diesem Roman betrauert, darunter auch Dichter, Schriftsteller oder Poeten, die vor ihrer Zeit lebten. Mit einer behutsamen eindringlichen Sprache erzählt Smith – die als Musikerin doch auch für rauere Töne bekannt ist – von ihrem Leben in New York, ihren Reisen nach Japan oder zu Paul Bowles – den sie noch persönlich kannte – nach Tanger, Marokko. Ihr Leben als Musikerin klammert sie übrigens aus ihren Erinnerungen aus und so begegnet einem Patti Smith als ein ganz normaler Mensch, wie du und ich, der die Literatur und das Leben liebt. „Zu Hause, das ist ein Schreibtisch.“

Talismane der Erinnerungen
„Der Traum muss sich dem Leben fügen.“ Mit einer unglaublich berührenden und dennoch lakonischen Sprache weiht einen die Rocksängerin und begnadete Lyrikerin und Musikerin in ihr Leben ohne ihre Männer ein und erzählt von dem Trost die Dinge verleihen können, die sie wie Talismane mit sich herumträgt, eine Gitanes-Schachtel mit Steinen oder Perlen einer Kette aus Harar, die sie in eine Urne mit Erde an Rimbauds Grab drückt. Es sind viele Männer, aber auch Frauen wie Sylvia Plath, die Smith betrauert und stets geht sie sehr sensibel und sanft, geradezu behutsam, mit ihren Erinnerungen um, etwa wenn sie beschreibt, wie Plath ihren Kopf in einen Gasofen steckte, während ihre Kinder und ihr Mann schliefen. Natürlich sind das nicht immer ihre Erinnerungen, sondern auch Dinge, die sie beim Lesen aufschnappte, aber Smith vermischt es gekonnt mit ihren eigenen Erinnerungen und trifft einen Ton, der einem ans Herz rührt, ohne dabei rührselig zu werden.

Your own personal Alamo
„Im Laufe der Zeit werden wir oft eins mit denen, die wir früher nicht verstanden.“ Es ist dieser lakonische Ton, der einem Trost spendet, mit Hilfe der Literatur auch seine schlimmsten Erinnerungen verarbeiten zu können und dennoch weiterleben zu können, trotz der Verluste, trotz den Trauerfällen und Tragödien. Immer wieder besucht die Autorin auch die Gräber von Verstorbenen, um sich dort nochmals persönlich zu verabschieden oder einfach zu trauern, eine gute abendländische Tradition, die leider etwas verloren gegangen scheint. Sie findet schließlich Trost auch in den Büchern, seien sie von Nerval, Genet, Wittgenstein, Hesse, Musil, Murakami, Bolano, Daumal, oder anderen und ihrer persönlichen Zufluchtsstätte, ihrem „Alamo“, in Rockaway Beach, einem kleinem Häuschen, das selbst dem Wirbelsturm „Sandy“ zu trotzen vermochte. „Die Verwandlung des Herzens ist etwas Wundersames, ganz gleich wie man sie erlangt.“, schreibt sie und kaum waren irgendwelche Worte so authentisch und echt, wie diese, die Patti Smith in „M Train“ wohl für die Ewigkeit festhielt.

Patti Smith
M Train
Erinnerungen
Aus dem Englischen von Brigitte Jakobeit
Kiepenheuer & Witsch

[*] Diese Rezension schrieb: jürgen Weber (2016-04-09)

Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.


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