Wo ist der 13. Sarkophag geblieben? Und hielt sich Kaiser Konstantin wirklich für Jesus? Der Kaiser, der das Christentum zur Staatsreligion gemacht hatte, war vielleicht selbst ein Häretiker? Und hatte der damalige Historiker Prokopius recht mit dem, was er über Justinian und Theodora spöttelte? Eines der schönsten Bauwerke der Weltgeschichte strahlt heute noch auf den Hügeln Istanbuls, die Kirche der Heiligen Weisheit, auf knapp 16.000 m2, mit einer Höhe von 150 Metern und als hinge sie an einer goldenen Kette vom Himmel die Kuppel der Hagia Sophia, das versetzte schon Reisende der Antike in blankes Staunen: „Wir wissen nicht ob wir im Himmel waren oder auf Erden. Denn auf Erden gibt es einen solchen Anblick nicht.“, soll ein russischer Besucher einst über die schönste Kirche der Welt gesagt haben, aber nicht nur Bewunderung, sondern auch Neid lockte immer mehr Menschen in die Hauptstadt zweier Weltreiche.
Begehrte Stadt voller Wunder
Schon 626 wurde die Stadt von den verbündeten Heeren der Awaren, der persischen Sassaniden und der Slawen belagert, doch die Schutzheilige der Stadt, die Mutter Gottes persönlich, beschützte die Heilige Stadt vor dem Ansturm der Heiden, obwohl diese das lebenswichtige Aquädukt zerstört hatten. Lange Zeit wurde dort der 7. August als Tag der Befreiung von den „Barbaren“ gefeiert. Die Legende will es so, dass es Maria selbst war, die die Eindringlinge vertrieb. Aber das war erst der erste Ansturm, den diese Stadt überstehen musste. Denn kaum ein Jahrhundert später waren es die Araber die die Herrschaft Leos III. in arge Bedrängnis brachten. Ein bedeutender Vorteil der Byzantiner war aber Gebrauch des griechischen Feuers um das sich noch heute einige Mythen ranken. Was Konstantinopel aber eigentlich zu Fall brachte, waren nicht die Anstürme der sogenannten Barbaren, sondern – und das weist auch diese dreiteilige BBC Dokumentation nach – der innere Feind: die Christen selbst.
“City of Desire“ zwischen Ikonoklasten und Ikonodulen
Schon in der Regierungszeit Leos begann das, was später der Stadt den Garaus machte. Es war ein Bilderstreit entbrannt, der forderte, dass alle Abbildungen von Heiligen zerstört werden müssten (daher auch Ikonoklasmus – „Bilderzerstörung“). Bilderverehrung wurde plötzlich als eine Art Götzendienst angesehen aber dennoch gewannen am Ende die Ikonodulen (die Bilderverehrer) wie sich leicht erraten lässt, da Ikonenmaler ja auch heute noch allseits bekannt und gerne mit Byzanz assoziiert werden. Ein Steuerkonflikt zwischen Leo III. auf der einen Seite und den Päpsten Gregor II. und III. auf der anderen Seite legte einen weiteren Grundstein für die Entfremdung zwischen Ost und West. 3-400 Jahre später kämpften wieder Christen gegeneinander, dieses Mal kam es aber tatsächlich zum sog. „Großen Schisma“ bei dem sich Latiner und Griechen endgültig entzweiten. Als die Kreuzritter gegen Jerusalem zogen machten sie vorher in Konstantinopel Rast, um ihre Schiffe zu befüllen, doch bald wollten sie nicht mehr weiterfahren und überfielen Konstantinopel selbst. Der vierte Kreuzzug unter dem 80-jährigen und blinden Venezianer Enrico Dandolo plünderte Konstantinopel schließlich so weit, dass die geschwächte und verarmte Stadt zweihundert Jahre später ein leichtes Opfer der Osmanen wurde.
Aber für Simon Sebag Montefiore, der Historiker, der durch die BBC-Dokumentation führt, war dies erst der Beginn und nicht das Ende. Denn was die Christen zerstört hatte, bauten die Muslime wieder auf und so wurde Konstantinopel als Istanbul zum zweiten Mal zur Hauptstadt eines Weltreiches: von 1453 bis 1918 als Atatürk Ankara auserwählte, war Istanbul die Reichshauptstadt. Von dort aus wollten sie auch den Rest Europas erobern und standen zweimal vor den Toren Wiens. Aber auch Katherina II., die Zarin Russlands, wollte die Stadt zu ihrem Zargrad machen. „City of Desire“ nennt sie Montefiore und das ist sie wohl bis heute geblieben
Mike Smith BBC
Mit Simon Sebag Montefiore als Erzähler
Originaltitel:Byzantium: A Tale of Three Cities
Byzanz - Eine Biographie - Der Aufstieg Istanbuls zur Hauptstadt zweier Religionen.
Dokumentation Geschichte
DVD, Großbritannien, 2016 BBC Worldwide Ltd im Vertrieb von
Polyband ca. 150 Min. (3 x 50 Min.)
[*] Diese Rezension schrieb: Jürgen Weber (2016-04-27)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.