Ursprünglich waren es regelmäßige Glossen in der StZ. Sie orientierten sich am Vorbild des StZ-Mitbegründers Erich Schairer, dessen gleichnamige Rubrik es von 1945 bis 1951 auf 667 Folgen gebracht hatte. Skasa-Weiß stützt seine Darlegungen auf ein reichlich zusammengetragenes Florilegium an Journalistenausrutschern, die er jeweils kurz zitiert. Diese Beispiele zeigen allerdings auch, dass sie aus einer Ära stammen, in der ein Edmund Stoiber Kanzlerkandidat, ein Jürgen Trittin noch Dosenminister war. (Oder eher waren?)
„Das ist so nicht richtig. ... Der Duden sagt ... Noch Goethe schrieb ...“ Es eignet dieser Textsorte fast immer Besserwisserisches, Pingeliges, Nörgelndes. Man fühlt sich an alte Deutschlehrer erinnert, die es nicht verwinden, keine roten Noten unter fremde Schriften mehr setzen zu können. Wer da drauf nicht abkann (obwohl, darf man so schreiben?), mache einen Bogen um die Publikation! Der alte „junge“ Skasa-Weiß ist sich der Gefahren, die seitens (?) Langeweile und Kleingeisterei ihm drohen, zwar durchaus bewusst, er bleibt dennoch ein scharfer Hund von der alten Schule, der sich den aktuellsten Trends zu Gewurschtel, Begriffshuberei und Toleranzeln, der jetzt auch der Duden schon anheimgefallen ist, verweigert, von Rückführung in vergangene Tage größerer Sprachklarheit („Sprache pur“?) träumt.
Was möglicherweise überraschen wird, nicht im ständig zunehmenden Englischvokabel-Einsatz und auch nicht im Verschleifen bzw. Wegfallen von Präpositionen und zugehörigen grammatischen Fallendungen sieht Ruprecht Skasa-Weiß die schlimmsten Torheiten, vielmehr beim professionell-journalistischen Aufblähen und inkohärenten (um nicht zu sagen: inkontinenten) Hybridisieren der Nullwörter, Nullmitteilungen, Null-Vorsilben.
Zitat:
Das Vorsilbenschmalz an-, ab-, auf-, be- soll den Verben Kraft verleihen, dabei hätten die Verben die Kraft von ganz allein. Unnötig, eine Neuverschuldung abzusenken - senken genügt. Und wer etwas durchdacht hat, muss es nimmermehr durchgedacht haben. Auch den Tank zu befüllen, statt ihn simpel zu füllen, ist eine Übung, mit der man höchstens in der Protzsprache der Service-Heinis Eindruck schindet. Dass im Programmieren das vor- bereits enthalten ist, braucht man Lateinern nicht zu sagen; aber die restliche Welt möge willens sein, es zu lernen.
Das Vorsilbenschmalz an-, ab-, auf-, be- soll den Verben Kraft verleihen, dabei hätten die Verben die Kraft von ganz allein. Unnötig, eine Neuverschuldung abzusenken - senken genügt. Und wer etwas durchdacht hat, muss es nimmermehr durchgedacht haben. Auch den Tank zu befüllen, statt ihn simpel zu füllen, ist eine Übung, mit der man höchstens in der Protzsprache der Service-Heinis Eindruck schindet. Dass im Programmieren das vor- bereits enthalten ist, braucht man Lateinern nicht zu sagen; aber die restliche Welt möge willens sein, es zu lernen.
Man sollte das kleinformatige, broschierte Büchlein als geistreiches Amüsement für Zwischendurch auffassen, am produktivsten für die Angehörigen von Schreibberufen oder für Viel-(Zeitungs)-Leser. Wem eher an einer systematischen Stilschule für gutes Deutsch gelegen wäre, dem werden viele dieser Glossen zu kleinkniffelig und entlegen vorkommen. Obwohl Autor Skasa-Weiß die Texthappen („den verbalen Finger Food“?) mit Überschriften versieht wie „Wird einst dereinst gewesen sein?“, „Zwar, die meisten meistern’s meist“, „Trotz und Dank mit Wem- und Wesfall“, wird man sich im alltagspraktischen Bedarfsfall schwertun, eine erlösende Antwort auf genau jene eine Sprachverwirrung aufzutun, die einen gerade zusetzt. Es ist weder Lehr- noch Reparaturbuch, sondern ein Varieté für die gebildeten Müßiggänger, passt von daher auch gut ins Programm des (im Übrigen natürlich ebenfalls Stuttgarter) Literaturverlages Klett-Cotta.
[*] Diese Rezension schrieb: Klaus Mattes (2016-11-16)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.