Wir beeinflussen andere Menschen in unserem Sinne an den unterschiedlichsten Stellen und Orten unseres Lebens und Alltags. Noch mehr aber werden wir beeinflusst, nicht nur von der unsäglichen Werbung, gegen die sich so viele gewappnet wähnen, sondern auch von Trends, Kollegen und so manchem „on dit“ von Freunden und Bekannten.
Wie sich die immer weiter sich ausdehnende Nutzung sogenannter „sozialer“ Medien auswirkt auf die Meinungsbildung und deren Beeinflussung von außen, ist noch gar nicht recht in den Blick gekommen.
Wenn man das sehr informative und verständlich geschriebene Buch der Londoner Psychologieprofessorin Tali Sharot liest, merkt man schnell, dass die Unabhängigkeit von der Meinung anderer, auf die nicht Wenige von uns stolz sind, eine Chimäre ist.
Sie weist nach, dass schon seit Urzeiten der Mensch in seinen Instinkten als Herdentier geprägt wurde und seit diesen Zeiten eine seiner größten Ängste ist, aus dem sozialen Verbund seiner jeweiligen Gruppe herauszufallen. Zu dieser jeweiligen Gruppe dazuzugehören, wird von Tali Sharot als das wesentliche Movens identifiziert, das sein jeweiliges Verhalten bestimmt.
Diese uralte Disposition ist unserem Verstand, auf den wir so stolz sind, wenn es um unsere Unabhängigkeit vom Denken anderer geht, kaum zugänglich und von ihm daher schwer zu kontrollieren.
An vielen Beispielen macht sie nachvollziehbar, wie das funktioniert und sorgt so beim oft erstaunten Leser für so manche selbstkritische Erkenntnis und eine Art neue Bescheidenheit, was die eigene Beinflussbarkeit angeht auf der einen Seite, und das eigene Mitwirken an „Meinungsmache“ in Richtung anderer.
Eine informative und unterhaltsame Lektüre gleichermaßen.
Tali Sharot, Die Meinung der Anderen, Siedler 2017, ISBN 978-3-8275-0081-6
[*] Diese Rezension schrieb: Winfried Stanzick (2017-07-03)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.