Inzwischen sind es schon 16 Kriminalfälle, die Commissario Brunetti im Auftrag von Donna Leon in Venedig gelöst hat. Der Kommissar hat das ausgesprochene Privileg in einer der schönsten Städte der Welt zu leben und auch trotz Acqua Alta und Bora und Scirocco wird das niemand bestreiten können, dass Venedig eine Stadt mit menschlichem Ausmaß ist, in der man alle Wege zu Fuß machen kann. Was liegt da also näher, als auf Brunettis Spuren die Stadt und ihre Heiligtümer kennen zu lernen? Die Amerikanerin Toni Sepeda hatte als erstes die Idee, um die sie wohl viele beneiden. Sie bastelte aus den Büchern Donna Leons einen Stadtführer und ist zu den gleichnamigen Touren durch Venedig sogar von der Autorin selbst persönlich autorisiert. Beide studierten nämlich in Maryland an der Universität Literatur und Kunstgeschichte. Toni Sepeda unterrichtet außerdem an einer Universität die Vorlesung „Brunettis Venedig“.
Commissario Brunetti kennt „sein“ Venedig wie seine Westentasche, er ist hier zur Schule gegangen, hat die Universität besucht und war bis zum Examen jeden Mittag zum Essen daheim. Allein deswegen, um immer pünktlich beim Mittagessen zu sitzen, hat sich der junge Brunetti wohl stets die kürzesten Schleichwege zurechtgelegt, um so schnelle wie möglich ans Ziel zu gelangen. Und die Autorin hat ihm dabei etwas über die Schulter geschaut: „Auch wenn er mit den Gedanken oftmals ganz woanders ist, hat er sich noch nie verlaufen“, schreibt die Donna Leon in ihrem Vorwort zu vorliegendem Venedig-Führer. Einzig auf der Giudecca, der „Isola delle foche (sic!)“ fühlt er sich nicht ganz wohl, scheint er doch so weit weg von zu Hause zu sein, als wäre er in Patagonien. Aber ein Blick über den Canale della Giudecca und schon fühlt er sich wieder zu Hause und seine Stimmung hellt sich sichtlich auf.
Toni Sepeda mietet sich also quasi ihren eigenen Brunetti, einen „sympathischen, verlässlichen, heimischen Führer“, der „ideale Begleiter für Streifzüge durch Venedig“ und beschreitet in insgesamt 12 Routen und einem Lagunenausflug die „Serenissima“. Jedem Kapitel ist eine Übersichtskarte mit nummerierten Etappen vorangestellt und außerdem gibt es ein paar Tipps zu Einkehrmöglichkeiten, die mit einem * versehen am Ende des jeweiligen Kapitels noch einmal genauer beschrieben werden, damit man weiß, was für eine Spelunke einen erwartet. Aber keine Sorge: Brunetti weiß zu speisen und gepflegt seinen „ombra“ zu nehmen. Ganz nebenbei führt er einen also nicht nur zu den schönsten Sehenswürdigkeiten, sondern auch in das eine oder andere „bacara“ auf ein chichetto oder ähnliches. Auf jeder Route wird der Text von Sepeda durch Zitate aus den Kriminalfällen ergänzt und Sepeda erklärt und erläutert dann den Kontext. So weiß sie etwa, dass der Campo San Giacomo dell`Orio seinen Namen einem Lorbeerbaum verdankt, der sich sogar immer noch dort – neben anderen Bäumen - befindet. Auch das beschauliche Kirchlein San Zan Degola mit seiner Schiffskieldecke aus veneto-byzantinischer Zeit wird erwähnt, wobei die Frage ob sich nun der Kopf (venez.: degola resp. ital.: decollato bedeutet „geköpft“) des Heiligen oder „nur“ sein Körper im Heiligenschrein befindet, wohlweislich offen gelassen wird.
Übrigens sind im Diogenes Verlag nicht nur die 16 Kriminalgeschichten Donna Leons, sondern noch viele andere Bücher über Venedig erschienen. Darunter finden Sie etwa Alfred Anderschs „Die Rote“, Paul Floras „Die welke Pracht“ oder Ian McEwans „Der Trost von Fremden“. Auch William Shakespeare („Othello“ und „Der Kaufmann von Venedig“) oder das „Große Märchenbuch“ beschäftigten sich mit Venedig und sind im Diogenes Verlag erschienen.
Toni Sepeda
Mit Brunetti durch Venedig
Vorwort von Donna Leon
Aus dem Amerikanischen von Chrisa E. Seibicke