Im Leben eines jeden Menschen gibt es im Laufe der Zeit Höhen und Tiefen. Es gibt Zeiten des Erfolgs und des Glücks und Zeiten der Krisen und der Verzweiflung. Manchen Menschen ist es geschenkt, beide Zeiten bewusst zu erleben. Dankbar das geschenkte Glück anzunehmen, aber auch Krisen als Chancen für Veränderung und Reifung zu durchleben und erneuert aus ihnen herauszugehen.
Der Spiegel-Reporter Bruno Schrep zeigt in seinen in diesem Buch veröffentlichten insgesamt achtzehn Reportagen, wie dünn das Eis unseres Lebens oft ist. Er erzählt von Lebensschicksalen von Menschen, die in Abgründe gefallen sind, aus denen sie kein Entrinnen mehr sehen. Schicksale, die zeigen, wie leicht ein Mensch sich in Schuld verstricken kann, wie schnell eine Krise, ein traumatisches Erlebnis ein Leben für immer zerstören kann.
Da kann man lesen von drei Mädchen, die sich gemeinsam das Leben nehmen, weil sie für sich keine Hoffnung mehr sehen, von einem Mann, der als Kind entführt und missbraucht wurde, und dessen Leben ein nie endendes Martyrium geworden ist. Als das geschieht „vor unseren Augen“, in unserer Nachbarschaft. Meistens wissen wir es nicht, und wenn wir es wissen oder meist nur ahnen, schauen wir weg. Denn wir wollen durch die Schicksale dieser Menschen nicht erinnert werden daran, dass auch unser eigenes Leben brüchig ist, vergänglich und jederzeit vom Tod bedroht.
Bruno Schrep, Vor unser aller Augen. Reportagen aus der deutschen Wirklichkeit, Hirzel 2013, ISBN 978-3-7776-2320-7
[*] Diese Rezension schrieb: Winfried Stanzick (2013-12-02)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.