Ein kleiner Kurzschluss im Gehirn, möglich auch schon bei kleinen Kindern, wie dieses bewegende und erschütternde Buch zeigt, und ein Mensch ist an Schizophrenie erkrankt. Dass dies jeden von uns zu jeder Zeit treffen kann, ist eine so schreckliche Vorstellung, dass sie abgewehrt werden muss. Michael Schofield, Vater der mit fünf Jahren an Schizophrenie erkrankten Jani, hat das mehr als einmal erlebt. Seine Tochter sei von Dämonen besessen, sagten die einen und viele andere waren davon überzeugt, dass hier ein Missbrauch vorliegen müsse. Doch all diese Erklärungen, so deckt Schofield auf, haben nur die eine Funktion, Angst zu binden. Denn eine reale und dennoch unerklärliche Krankheit – das darf nicht sein, das löst zu große Ängste aus.
Dieses Buch, das ich mit oft angehaltenen Atem, tief erschüttert und oft zu Tränen gerührt gelesen habe, ist nicht nur eine bewegende Krankengeschichte eines an Schizophrenie erkrankten fünfjährigen Mädchens. Es ist auch die Geschichte einer Ehe und Beziehung, die an dieser Belastung fast zerbricht. Und es ist ein Dokument dafür, wie rat- und hilflos eine Gesellschaft und ihre Medizin mit einem solchen Fall umgeht.
Alle drei Faktoren stehen in dieser beispiellosen Geschichte in einem verborgenen Zusammenhang, beeinflussen sich immer wieder gegenseitig. Der Leser, bewegt und über vieles auch zornig, gerät hinein in einen Strom, der ihn nicht mehr loslässt und gefangen nimmt bis zum Ende.
Ein Buch, das eine tiefe Menschlichkeit ausstrahlt und ein Zeugnis dafür ist, dass elterliche und väterliche Liebe Mauern überwinden können.
Michael Schofield, Ich will doch bloß sterben, Papa. Leben mit einer schizophrenen Tochter, Kösel 2014, ISBN 978-3-466-30994-8
[*] Diese Rezension schrieb: Winfried Stanzick (2014-04-08)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.