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Anne Schmucke - Das große Katzenbuch
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Schmucke, Anne:
Das große Katzenbuch

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(Bücher frei Haus)

Anne Schmucke (Hg.)
Das große Katzenbuch
Die schönsten Geschichten, Gedichte und Aphorismen
Mit 133 Illustrationen von Tomi Ungerer, teilweise farbig,
Großformat

1995
Diogenes
220 Seiten
ISBN: 978-3-257-010091

Von Jürgen Weber

„Alle Dichter haben Katzen geliebt“, schrieb Maupassant. Teil der Faszination dieser Tiere sei, dass man „das Unzuverlässige ihrer Zärtlichkeit und die treulose Selbstsucht ihrer Lust“ spüre und sie dieses mit den Frauen gemeinsam haben würden. Liege man bei ihnen, den Frauen, habe man die Empfindung, so Maupassant, man halte eine Katze umfangen, „eine Katze mit Krallen und Fangzähnen, eine treulose, tückische, verliebte Feindin, die beißen wird, sobald sie der Küsse überdrüssig ist“. Auch andere Dichter haben Katzen als falsch beschrieben, dabei sind sie lediglich von einem großen Freiheitsdrang beseelt, ein Faktum, das wohl jedem possessiven Macho aufstoßen dürfte. Denn Katzen kann man eben nicht besitzen, genauso wenig wie einen Menschen, und wahrscheinlich fühlt man sich genau deswegen in ihrer Gegenwart so wohl, ein Hauch der Freiheit weht durch die beengenden Hauswände, Wildheit und Unabhängigkeit und ein nicht zu bändigender Eigenwille zeichnet noch die zahmste Katze aus. Wer möchte da nicht mitgehen und ihre Abenteuer miterleben?

Die Liebeserklärungen an die wohl schönsten Haustiere der Welt reichen von Maupassant über Hemingway (!) bis zu Emile Zola und viele loben gerade das Geheimnisvolle an den Katzen. „Wenn ich keine langen Haare oder sonst ein bisschen Spaß haben kann, eine Katze kann ich haben“, lässt Hemingway seine Protagonistin in „Katze im Regen“ sagen und nur der Leser weiß, dass sie sich auch darin täuscht, denn Katzen wollen frei sein, man kann sie nicht besitzen. Im „Paradies der Katzen“ beschreibt Zola den Unterschied zwischen Straßenkatzen und Hauskatzen und man hört die Flüche gerne, wenn die Hauskatze schimpft: „Verfluchte Straße, verdammte Freiheit! Ach, wie sehnte ich mich nach meinem Gefängnis zurück!“ Denn auch wir selbst sind Zeit unseres Lebens feige und kehren gerne wieder an den Futtertrog, der uns nährt, zurück. Kurt Tucholsky aka Peter Panter schreibt sogar einen Brief an seinen Kater, in dem er sich fragt, wohin dieser wohl blicke, ob er ihn wohl verschmähe oder einfach nur ignoriere. „Die Katze ist eine anarchistische Aristokratin, mit gesundem proletarischen elan vital“, schreibt er und betrauert zugleich seinen Mingo, der ihn verlassen hat. „Einen Gruß, Mingo! An dich und an alles, was schön ist und rätselhaft, überflüssig und geschwungen, unergründlich und einsam und ewig getrennt von uns: also die Katzen und an das Feuer und das Wasser und an die Frauen!“

Um das weitere Schicksal seines Mingo hätte sich Tucholsky aber keine Sorgen zu machen brauchen, denn er kommt ohnehin dereinst ins Paradies. „Vier Tieren auch verheißen war“, schrieb Goethe, „ins Paradies zu kommen“. Esel, Wolf und Hündlein und zuletzt auch der Katze, „denn immer ist`s ein heilig Tier,/ Das der Prophet gestreichelt“. So ist die Katze nicht nur in unserem Kulturkreis, sondern auch in anderen Ländern ein „heilig Tier“. Vielleicht hätte man auch darauf noch eingehen können, in dieser wunderschönen und kurzweiligen Katzenbibel, die so manches Herz erweichen wird und Mut fassen lassen wird, für die eigene Freiheit, dereinst. Die Geschichten stammen von deutscher, französischer, englischer oder russischer, aber auch tschechischer Hand. Karel Capek beschreibt seine unsterbliche Katze „Pudlenka“ als Mischung eines edlen Vrsovicer rothaarigen Raufbolds, einem Angorkater aus dem Westen Prags und ein weißes Tier asu dem Osten mit einem geringelten Schwanz. Pudlenka hatte nicht nur einen Vater, und so werfen auch die jungen Pudlenkas nicht nur zweimal, sondern viermal im Jahr. Bald muss der Ich-Erzähler in Capeks Geschichte merken, dass die vielen Kätzchen auch eine Probe für die Stärke und Größe seines Freundeskreises ist, denn wer ihm kein junges Kätzchen abnimmt, ist auch kein Freund. Auch wenn keine Geschichte eines italienischen Schriftstellers unter den zärtlichen Hommagen ist, möchte ich doch zuletzt noch den Volksmund zitieren: il gatto miagola, fa le fusa, graffia (die Katze miaut, schnurrt und kratzt). Auch hier hört man deutliche Ambivalenzen zum weiblichen Geschlecht heraus, der Volksmund ist eben auch machistisch.

Weitere Aphorismen, Gedichte und Geschichten stammen von Charles Baudelaire, Colette, Alfred Andersch, Elke Heidenreich, Chandler, Highsmith, Poe und Polgar... Die Illustrationen von Tomi Ungerer sind teilweise farbig und zeigen so manches Katz und Mausspiel oder einfach nur die Kapriolen einer Katze, wenn die Herrin außer Haus ist. Lebensdaten und Quellenhinweise zu den Autoren befinden sich selbstverständlich am Ende des Bandes. „Das Leben und eine Katze,/das gibt eine unglaubliche Summe“, schrieb Rainer Maria Rilke nicht ganz unwissend.

[*] Diese Rezension schrieb: Jürgen Weber (2009-02-06)

Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.


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