Dies ist die Geschichte von Klaus B., der 1943 in Polen von der SS seinen Eltern weggenommen und nach Deutschland gebracht wurde. Die Autorin Dorothee Schmitz-Köster, die seit langem Bücher zur deutschen Zeitgeschichte schreibt und sich auf die NS-Geschichte und den „Lebensborn“ spezialisiert hat, stößt im Rahmen ihrer Forschungen auf seinen Fall und nimmt mit Klaus B. Kontakt auf, der mittlerweile Mitte siebzig ist.
Von ihr (im weiteren Fortgang des Buches wird sie nur „die Journalistin“ genannt) erfährt er, dass er als Kind das Opfer eines Verbrechens wurde. Dass er 1943 vermutlich von der SS seiner Familie geraubt wurde. Sein Name und seine Herkunft wurden mit Hilfe des »Lebensborn« gefälscht, der ihn dann bei linientreuen deutschen Pflegeeltern unterbrachte.
Nach längerem Zögen willigt er ein, sich zusammen mit der Journalistin auf die Suche zu machen. Beide finden heraus, dass Zehntausende Kinder in Polen und anderen Teilen Osteuropas Klaus B.`s Schicksal teilen. Sie wurden von nationalsozialistischen »Rassenspezialisten« ausgewählt, ihren Familien entrissen und zur »Germanisierung« nach Deutschland verschleppt. Viele dieser „Raubkinder“ wissen bis heute nichts von ihrer Vergangenheit.
Mit Hilfe der Journalistin macht sich Klaus B. auf eine bewegende Suche nach seinen Wurzeln. Er findet tatsächlich seine Ursprungsfamilie, die ihn auch nach sieben Jahrzehnten nicht vergessen hat.
In einer gelungenen Mischung aus historischem Sachbuch und einer bewegenden und berührenden Schilderung eines persönlichen Schicksals gelingt es Dorothee Schmitz-Köster Licht in das Dunkel der Herkunft jener „Raubkinder“ zu bringen, denen eine gerichtliche Anerkennung ihres erfahrenen Unrechts bis heute verwehrt geblieben ist.
Die Geschichte von Klaus B. steht stellvertretend und exemplarisch für die Geschichte aller Raubkinder. Und dennoch hat jedes dieser Mädchen und Jungen ein ganz eigenes Schicksal.
Dorothee Schmitz-Köster, Raubkind. Von der SS nach Deutschland verschleppt, Herder 2018, ISBN 978-3-451-38380-9
[*] Diese Rezension schrieb: Winfried Stanzick (2018-09-13)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.