Das vermögende Menschen zu allen Zeiten Zugang zur besten medizinischen Versorgung hatten, kann sich jeder denken. Dass die Pharmazie immer auch ein Geschäft ist und, vielleicht, nichts anderes als ein Geschäft, das kann einem schon Sorgenfalten auf die Stirn malen, vor allem, wenn wir bedenken, dass niemand gefeit ist gegen schwere Erkrankungen.
Peter Schmidt hat diese zwei-Klassen Medizin in den Mittelpunkt seines neuesten Thrillers gestellt. Und es geht um weit mehr als das schnellere Durchwinken von privat Versicherten durch die Wartezimmer bundesdeutscher Arztpraxen.
Ein amerikanischer Pharmakonzern schafft den Durchbruch in der Krebstherapie. Allerdings steht das neue Medikament nur für 50 Patienten zur Verfügung. So wird ein folgenschwerer Entschluss gefasst: Für 1 Milliarde Dollar oder Euro können sich krebserkrankte Superreiche Heilung kaufen – und nur solche. Frank Carlsen, das sympathisch gescheiterte Sprachgenie mit nicht abgeschlossenen Studiengängen der Medizin, Biochemie und Psychologie versehen, pleite und unglücklich in Isabella, die Frau seines besten und reichen Freundes verliebt, wird auserkoren, Kontakt zu potentiellen Patienten aufzunehmen. Seine Verbindungen zu dem ein oder anderen Geheimdienst, für die er zu Zeiten tätig war, werden sich dabei als hilfreich erweisen.
Gleichzeitig erfährt er, dass Isabella zum einen eine Spontanheilung von ihrer schweren Krebserkrankung erfahren hat und zum anderen plötzlich verschwunden ist. Er übernimmt im Auftrag seines Freundes ebenfalls die Suche nach Isabella, natürlich auch aus persönlichen Motiven heraus. Die Gespräche mit dem ersten, potentiellen Kandidaten für eine Endorphase-X Behandlung lassen sich gut an, erste Spuren Isabellas tauche auf, doch dann kommt alles anders……..
Peter Schmidt, mehrfach ausgezeichneter Krimi- und Thriller Autor, greift in Endorphase-X ein bedrückend reales Thema auf. Es mag wie Science Fiction klingen, ein nebenwirkungsfreies Heilmittel gegen Krebs zu entdecken, doch, wer weiß? Der rein profitorientierte Umgang mit lebenswichtigen Medikamenten allerdings ist seit den Zeiten von Aids Realität und nicht Fiktion.
Die von ihm skizzierten Figuren stellen sich lebensnah da. Frank Carlsen geht nicht als überfliegender James Bond Verschnitt ins Rennen, sondern zeigt sich als differenzierte Persönlichkeit mit Ecken und Kanten, aber auch dem Herzen auf dem rechten Fleck. „Von Geburt an neugierig, aber etwas vorlaut“ trägt seine Figur die Geschichte durch alle Wirrungen hindurch.
Wohltuend für einen Thriller ist dieses Fehlen von Stereotypen bis in die Nebenfiguren hinein. Ebenso, wie die romantischen Seiten der Geschichte nicht gewöhnlich gestaltet sind, sondern in ihren dramatischen Aspekten ein plattes Happy End verwehren.
Geschickt verwebt Schmidt im Lauf des Buches die zunächst getrennten Geschichten der Akquise von zahlungskräftigen Patienten und die Suche nach der verschwundenen Isabella.
Hervorzuheben ist zudem, dass Peter Schmidt einfach sein (schreibendes) Handwerk versteht und die gute Idee nicht nur mit griffig gestalteten Personen, sondern allgemein sehr gut in Stil und Sprache umzusetzen versteht. Auch das ist längst nicht die Regel im Blick auf Krimis und Thriller. Das Ende kommt leider ein wenig schnell. Zumindest ein kurzer Epilog wäre meinem Geschmack nach angenehm gewesen, den ein oder anderen leicht losen Faden noch fest zu schnüren.
Fazit: Ein wichtiges Thema mit einer guten Grundidee gut lesbar und nachvollziehbar umgesetzt. Mit einer Hauptfigur, die durchaus eine Fortsetzung in der ein oder anderen Form wünschenswert macht. Empfehlenswert.
[*] Diese Rezension schrieb: Michael Lehmann-Pape (2010-05-04)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.