Der Autor, Jahrgang 61, stellt sein Roman-Debüt vor, nachdem er Erzählungen bisher in verschiedenen Anthologien publiziert hat. Seine Vorlieben für Katzen, Mystik, gotische Architektur sowie klassische und zeitgenössische Literatur werden auch in seinem vorliegenden Buch sichtbar.
Die Erzählung in lyrischer Prosa – der Autor bevorzugt die Ich-Form - greift auf zahlreiche Zitate aus der Weltliteratur zurück. Dem Buch voran gestellt sind allein drei, je eines von Leonardo da Vinci, dem surrealistischen Maler Renè Magritte und Katharine Hephburn, wobei die Umschlaggestaltung von Rainer Schorm dem Thema noch am nächsten kommt: eine Fotomontage, am PC verfremdet, zeigt ein Doppelbildnis einer Frau, die in bläulich gefärbtem Wasser wie eine Statue verweilt, während im Hintergrund ein rotglühendes Höllentor in gotisch oder romanischem Stil – sowie Geistwesen (Seele) und Wasser miteinander zerfließen.
Jedenfalls hat Saxer seinen mystisch – teilweise spirituellen Gedanken eine Handlung zugeordnet, die sich vorwiegend in Dialogen mit einem wissenden älteren Herren abspielt.
Wenn der Leser das erste Kapitel des 129 Seiten umfassenden Erkenntnis-kritischen Werkes aufschlägt, mag er sich in einer dramaturgisch aufgeladenen Sinclair-Geisterjäger-Inszenierung wiederfinden. Die Rede ist zunächst von "apokalyptischem Regen, der auf dem Boden regelrecht zu explodieren schien". Geschildert werden die letzten Minuten eines Suizid-Opfers, dem der Angst- oder Stress-Schweiß buchstäblich "aus den Poren schießt".
Sodann beruhigt sich der Handlungsablauf, findet in einer Kathedrale seine Fortsetzung. Hier begegnet der Protagonist einem älteren Herrn, der sehr viel über ihn weiß – und nicht nur über ihn, wie sich später herausstellt. Über seinen eigenen gelangt der Autor zu einem weiteren, dem ersten Sündenfall. Davon hat er gleich drei Interpretationen in petto, die er dem Teufel – der keiner ist – häppchenweise als Interpretationshilfe in den Mund legt.
Zuweilen metaphernreich, mal im Klartext gesprochen, ist die kritische Aussage des Autors, die von der Kritik der historisch nachweisbaren Praxis der alten Päpste reicht, sich über den Umweg der Angst der sündigen Gläubigen vor dem Höllenfeuer an deren Barschaft zu bereichern bis hin zur Korruption eines bedeutenden Malers, gegen klingende Goldmünze das Leichentuch Christi zu fälschen. Sein eigenes Antlitz soll er dem präparierten Leichentuch aufgedrückt haben – allerdings stark entfremdet. Wie selbstverständlich fließt auch die Zubereitung einer Gans in den ziemlich aufgesetzten Handlungsablauf mit ein, denn bei gutem Essen und einem hervorragenden Wein lässt sich besser über die grundlegenden Existenzphilosophien plaudern, die den Autor bewegen; und von einem Zeitreisenden kann man viel lernen, ob er nun der Teufel ist oder nicht.
So reiht sich denn Essay an Essay. Dem Leser mag es egal sein, ob das nun tatsächlich ein Roman ist oder eine verkappte "Dissertation über den Sündenfall an sich", wobei die Schöpfung des Menschen nach wie vor geradezu nach dem Urheber-Prinzip erforscht wird – oder doch nicht?
Zum Ende der Erzählung löst sich zumindest die fiktive Handlung in erklärbare, nachvollziehbare Begründungen auf und auch das zunächst feindliche Verhalten des aufdringlich auftretenden Besuchers.
Hartmut T. Reliwette
Markus Saxer: "Die Symmetrie des Bösen"
Erschienen in der EDITION NOCTURNO / VirPriV Verlag,
Hochglanz-Hardcover, 131 Seiten,
ISBN 3-935327-50-1, Preis: 9,90 Euro
[*] Diese Rezension schrieb: Hartmut T. Reliwette (2004-12-20)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.