„Ich liebe den Wein,/mein Mädchen vor allen,/sie tut mir allein/am besten gefallen./Ich bin nicht alleine/bei meinem Glas Weine,/mein Mädchen dabei:/die Gedanken sind frei.“, heißt es in dem berühmten Lied „Die Gedanken sind frei“, das sogar schon von Walther von der Vogelweide, also vor mehr als 800 Jahren, gesungen worden war. Aber das sind wahrscheinlich nicht die klassischen Zeilen, die man sich von einem Arbeiterlied erwartet, wiewohl die „Gedanken sind frei“ auch nicht zu den klassischen Liedern dieses Repertoires gehört. Dann doch schon eher „Avanti o popolo, alla riscossa,/Bandiera rossa, Bandiera rossa./Avanti o popolo, alla riscossa,/Bandiera rossa trionferà./Refrain:/Bandiera rossa la trionferà/Evviva il comunismo e la libertà.“, aber selbst hier wurde die zweite Strophe erst nach der Machtübernahme Mussolinis angefügt, quasi als Ergänzung für die ideologische Propaganda.
„Die Internationale“ darf natürlich in dieser Sammlung eben so wenig fehlen wie „Brüder, zur Sonne, zur Freiheit“, das 1895/96 von Leonid Petrowitsch Radin in einem Moskauer Gefängnis gedichtet wurde und nach seinem Tod während der Revolutionen von 1905 und 1917 in Russland sehr verbreitet war, zuvor auch schon von politischen Häftlingen auf dem Weg nach Sibirien. Der deutsche Dirigent Hermann Scherchen lernte das Lied dann 1917 in russischer Kriegsgefangenschaft kennen und brachte es später nach Deutschland, wo es vor allem nach dem Zweiten Weltkrieg als Hymne des SPD-Parteitages bekannt wurde.
Streiks und Lieder, Lieder zum Streiken
Schließlich die Hymne der schwarzen US-Amerikanischen Bürgerrechtsbewegung „We shall overcome“, die aber auch eine Vorgeschichte hat, die bis zum 2. Weltkrieg zurückreicht, denn im Oktober 1945 hatten in Charleston (South Carolina) Mitglieder der Food and Tobacco Workers (meistens schwarze Frauen) einen fünf Monate andauernden Streik gegen die im Jahre 1890 gegründete American Tobacco Company begonnen und dabei zumeist...gesungen! Pete Seeger, der bekannte amerikanische Singer/Songwriter und Gründungsmitglied von People’s Songs, ließ den Text dann später zu „We Shall Overcome“ ändern und fügte noch mehrere Strophen hinzu. Erst dann wurde es eigentlich durch fortlaufende mündliche Überlieferung zu einer Art Hymne der Gewerkschafts- sowie der US-afro-amerikanischen Bürgerrechtsbewegung der US-Südstaaten.
Für dich soll’s rote Rosen regnen...
Auch das auf der CD gesungene „Brot und Rosen“ tauchte erstmals im Kontext der weiblichen (schwarzen) Bürgerrechtsbewegung auf und forderte, dass es zum Leben eben mehr bedürfe als nur des Brotes. Der Slogan „Brot und Rosen“ stammte eigentlich aus einer Rede der New Yorker Gewerkschafterin Rose Schneiderman, die im Jahre 1911 stolz verkündete: „The woman worker needs bread, but she needs roses too.“ Später wurde der Slogan in ein Gedicht von James Oppenheim aufgenommen. Kurz darauf, 1912, wurde Brot und Rosen eine Streik-Parole und als Lied mit dem Streik von mehr als 20.000 Textilarbeiterinnen in Lawrence, Massachusetts bekannt. Seither ist das Lied untrennbar mit der Internationalen Gewerkschaftsbewegung und Frauenbewegung verbunden.
Gerade in Zeiten wie diesen, tut es gut wieder mal Haltung zu zeigen. Und wer weiß, vielleicht brauchen wir alle diese Lieder ja bald wieder.
Angelika Sacher & Klaus Bergmaier (Hg.)
...weil auch DU ein Arbeiter bist!
Preiser Records, CD, 2015
[*] Diese Rezension schrieb: Jürgen Weber (2015-10-04)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.