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August Ruhs - Der Vorhang des Parrhasios. Schriften zur Kulturtheorie der Psychoanalyse
Buchinformation

Die titelgebende Geschichte der hier vorliegenden Aufsatzsammlung des Wieners August Ruhs geht auf eine Anekdote über die beiden antiken Maler Parrhasios und Zeuxis zurück. In dem Wettstreit zwischen den beiden Künstlern, geht es darum, wer die bessere Täuschung malen kann. Während Zeuxis mit gemalten Trauben Tauben zu ködern vermag, täuscht Parrhasios‘ Bild von einem Vorhang den Künstler Zeuxis selbst, indem er hinter diesen Vorhang zu sehen begehrt, der aber nur gemalt ist. Zeuxis sieht seine Niederlage ein und kommentiert sie mit den Worten: „Du hast gewonnen, denn du hast es vermocht, sogar einen Künstler zu täuschen.“ Robert Pfaller kommentiert dies in seinem Vorwort indem er schreibt: „Nicht der Vorhang ist das Verbergende, sondern vielmehr die Idee, dass man hinter diesen Vorhang gelangen müsste.“ Oder aber man müsste einfach die Strategien des Suchens ändern und vielleicht eröffnet gerade die Psychoanalyse (die Tiefenpsychologie) diesen Perspektivenwechsel, den es braucht, um hinter das Geheimnis zu gelangen oder einfach nur den Vorhang über den Dingen zu akzeptieren?

Der „Augenblick der Stimme“
Die vorliegende Aufsatzauswahl von einigen in den verschiedensten Publikationen verstreuten Artikeln der letzten 20 Jahre des Wiener Psychiaters und Psychoanalytikers August Ruhs werden hier in einem Sammelband wieder zugänglich gemacht und werden von ihm in drei Kapiteln präsentiert: unbewusste Taten, unbewusste Reden und unbewusste Bilder. In die erste Kategorie fällt etwa sein Beitrag zur Stimme und ihrem Trieb. In einer liebevoll erzählten Geschichte über Narziss und Echo, wird quasi augenscheinlich (sic), dass das Primat des Optischen und die Vorrangigkeit des Visuellen in unserer Kultur passé ist. „Ohne Zweifel hat sich in unserer Zivilisation während der letzten Jahre der vielbeschworenen Bilderflut ein Tonschwall und ein Stimmengewirr hinzugestellt.“ Dabei ist aber zu beachten, dass aber eigentlich das Hören dem Sehen vorangeht.

Geräusche im Mutterleib
Die „Gier des Auges“ habe zwar das Akustische stets in den Hintergrund gedrängt, es sei aber vielmehr der von der Stimme getragene Diskurs, der die Neigung jenes Spiegels bestimme, „der uns einen Ausschnitt aus der Unendlichkeit des Sichtbaren liefert, indem er sagt, was zu sehen ist und damit der Intentionalität des Sehens als Schauen die Richtung vorgibt.“ Die Musik siedle sich am Rand des Diskurses an, aus welchem sie als Sublimierung eines angeblich kaum erträglichen Ur-Geräusches im Mutterleib, ursprünglich hervorgegangen sein könnte. Schließlich nehmen wir im Mutterleib erstmals durch das Hören Verbindung zur Welt auf, auch wenn wir vielleicht noch gar nicht zuhören wollen. August Ruhs, der noch bei dem umstrittenen französischen Psychoanalytiker Jacques Lacan in Paris studiert hatte, setzt sich in seinen Schriften vor allem auch mit den gegenwärtigen Frage- und Problemstellungen der Psychoanalyse auseinander, und bezieht sich immer wieder auf die von Lacan eingeführten Register der menschlichen Existenz (das Reale, das Symbolische und das Imaginäre).

Troglodyten in „Mythopia“
Weitere Beträge beschäftigen sich z.B. mit den „unsichtbaren Bildern“ etwa in „Die Psychoanalyse geht ins Museum oder über das Begehren, Bedeutung zu sehen“, „Die Untiefen der Seele“, Hans Holleins Gestaltung des Freud-Raumes in der Ausstellung ,Traum und Wirklichkeit', „Die Psychoanalyse geht ins Museum oder über das Begehren, Bedeutung zu sehen“, „Band, Knoten, Naht. Die menschliche Seinsverfehlung und ihr Einfluss auf die Differenz der Geschlechter“ oder „Dionysos. Kulturkritische Anmerkungen zur ökologischen Bewegung“ in „Unbewusste Taten“. Der Aufsatz „`Ein unbemalter Körper ist ein blöder Körper´. Haut- und Körpermanipulationen zwischen Sublimierung und perverser Struktur" ist wohl besonders in der heutigen Moderne für viele Menschen interessant und zeigt, dass die Psychoanalyse tatsächlich jedem etwas zu bieten hat.

August Ruhs
Der Vorhang des Parrhasios.
Schriften zur Kulturtheorie der Psychoanalyse.
Hg. u. eingel. v. Robert Pfaller.
Wien: Sonderzahl 2003

[*] Diese Rezension schrieb: Jürgen Weber (2013-06-30)

Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.


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