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Rezensionen


 
Günther Rudolf - Das vergessene Gebot
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Rudolf, Günther:
Das vergessene Gebot

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(Bücher frei Haus)

Ob nun Zufall oder Fügung: Mitten hinein in die öffentlich dargestellte Leidens- und Sterbensgeschichte des Papstes erschien das Buch von Günther Rudolf. Der Autor ist gelernter Jurist.
Zum Zeitpunkt der Rezension ist der Papst gerade ein paar Tage tot. Aktueller kann man also kaum sein.
Der mediale Hype um die Person dieses Papstes ist ungeheuer. Es ist nahezu unmöglich, sich dem zu entziehen. Manchen Menschen ist der Hype freilich nicht ganz geheuer... Doch die kommen kaum zu Wort; zumindest nicht öffentlich. Der vorliegende Titel schafft hier Abhilfe.

Auf ungefähr 150 Leseseiten beschäftigt sich der Jurist Günther Rudolf mit dem in der Bibel propagierten Frauenbild, mit den dort festgeschriebenen Vorgaben und Leitsätzen, wie man Frauen zu behandeln habe - und mit den Auswirkungen auf ganz reale Frauen in Vergangenheit und Gegenwart. Es ist eine Untersuchung der Ursachen der Frauendiskriminierung, die ihren Ursprung in der Bibel nahm und bis in die Neuzeit fortdauert.
Im ersten Kapitel geht es um die unterschiedlichen Systeme des Matriarchats und des Patriarchats. Gesellschaftsformen und Menschenbilder, denen eine völlig andere Philosophie zugrunde liegt, wie er glaubhaft darstellen kann.
In der von der patriarchalen Philosophie geprägten Bibel ist die Frau von Anfang an nichts weiter als ein minderes Wesen (ein „arges Ripp“, S. 30), ein Brutkasten, „Ein notwendiges Übel zur Erhaltung des Volkes“ (S. 21), eine Art Tier ohne Rechte, das bei Nichteinhaltung der Vorgaben z.B. auf bestialische Weise gesteinigt wird; in jedem Falle der totalen Kontrolle ausgeliefert ist, was man am Beispiel der „Bedingung der Jungfräulichkeit“ bis heute nachweisen kann. Rudolf zeigt auf, dass man bei der Übersetzung des biblischen Urtextes sogar vor Textfälschungen nicht zurückschreckte, wenn der „Urtext eine Frau zu hoch erhob“. So wird aus Junia eben flug ein Junias (S. 23).
Schon in diesem ersten Abschnitt stellt der Autor die wichtige Frage, wie es sein kann, dass nicht nur Männer dieses Unterdrückungssystem am Leben erhalten, „sondern auch gerade eine Unzahl von Frauen selbst, auch in der aufgeklärten westlichen Welt, die sich durchaus auch heute noch als Untertaninnen des beherrschenden Mannes sehen und diesen Zustand nach wie vor als selbstverständlich und richtig gern und folgsam hinnehmen“ (S. 34/35). Rudolf bezeichnet dies als erfolgreiche Gehirnwäsche. Und:
„Genau in diesen Rahmen passt die Erklärung von Papst Johannes Paul II.: Weibliche Selbstbefriedigung ist eine Todsünde, männliche aber wird von der Kirche als notwendig geduldet! Wohlgemerkt, das hat der Papst um die Wende vom 2. zum 3. Jahrtausend erklärt.“ (S. 35)

Im zweiten und längsten Kapitel nimmt sich der Jurist die Beweisführung vor. Mit zahlreichen Zitaten aus dem Alten Testament legt er den Finger ‚in die Wunden’, weist auf Widersprüche und glatte Falschmeldungen hin. Angefangen vom angeblichen Sündenfall durch Eva – über die geschlechtsspezifisch gehandhabte Sippenhaft oder den Wert eines Fötus (je nach Geschlecht!) – bis hin zu dem frommen Lot, der seine jungfräulichen Töchter einer randalierenden Meute anbot (Gen 19, 1-11) oder dem berühmten Moses, der über 100.000 Frauen ermorden ließ und 30.000 Jungfrauen zur Vergewaltigung freigab (Num 31).
Wer das nicht glauben mag, schlage die eigene Bibel auf.
Auch Problematiken, die uns bis heute plagen, werden aus dieser Quelle zitiert und analysiert: Ehescheidung, Vergewaltigung in der Ehe, die Recht „fremdländischer“ Ehefrauen und und.
Doch damit nicht genug. So schnell entlässt uns der engagierte Jurist nicht und knöpft sich das Neue Testament vor. „Frauen haben zu schweigen“; nicht nur in der Kirche, aber besonders dort; ein „Gebot“, das auch vom kürzlich verstorbenen Superstar-Papst immer wieder erneuert wurde...

„Die Frau der Bibel ist ein Nichts“! (S. 87)

Auch die „sonstigen Beweise und Hinweise“ dieses Kapitels sind spannend und lehrreich. Es geht um Erbrecht, Vielweiberei und ungehorsame Frauen. Da mag Mancher fragen, was all das mit Heute zu tun habe? Der Fragende hat jedoch keine Chance, denn Rudolf stellt immer die Bezüge zur Gegenwart her. Genau das macht diese Buch zu weit mehr als einem Nachschlagewerk für frauenfeindliche Zitate.

Im dritten Kapitel beschäftigt er sich schließlich explizit mit den Zeiten nach der Bibel und stellt die Frage: „Hat sich etwas gebessert?“ Die Antwort fällt ernüchternd aus. Die Beschreibung und Analyse der Hexenverfolgung steht in unmittelbarem Zusammenhang mit den Botschaften, wie sie im „Buch der Bücher“ niedergeschrieben sind. Eine geradezu logische Folge! Auch der Keuschheitsgürtel – „das Gefängnis für den weiblichen Unterleib“ -, die „Erziehung der Ehefrau mit Stock und Peitsche“, die lesbische Liebe und die Vergewaltigung in der Ehe sind heute wie damals so genannte Frauenthemen...
Der Autor lässt es nicht bei Beweisen und Analysen. So fordert er beispielsweise, dass die Männer ihr „abartiges Denken“ endlich aufgeben. Und dieses elfte Gebot müsse deutlich benannt werden:
„Es müsste vollständig heißen: ‚Seid fruchtbar und vermehrt euch, bevölkert die Erde, unterwerft sie euch, aber ihr Männer, unterwerft euch auch die Frauen!’ Das ist nämlich die Botschaft der Bibel, eine Botschaft, welche die Kirche übernommen hat. Das ist das elfte, das vergessene Gebot, welches versehentlich oder viel wahrscheinlicher bewusst nie niedergeschrieben wurde.“ (S. 156)

Und er geht noch weiter und stellt die Frage, ob die Bibel nicht eine verfassungswidrige und jugendgefährdende Schrift für die Schule sei? In der Tat kann niemand behaupten, dass das „Buch der Bücher“ harmonisch auf unser Grundgesetz oder die Menschenrechtskonventionen abgestimmt ist. Danach sind Männer und Frauen nämlich gleichberechtigt. Zumindest theoretisch.
Am Ende stellt der Autor auch die Frage nach dem Erfolg der Bemühungen um Gleichberechtigung. Seine Antwort lautet:
„Nein! Ganz einfach: Nein! Versuche sind da, Erfolge so gut wie keine“ (S. 157).

Seine Forderung nach einer Entschuldigung der beiden christlichen Kirchen gegenüber den Frauen - rundet das Buch in seiner konsequent geführten Beweisführung mit ebenso konsequenten Forderungen ab.

Abschließende Bewertung: Der Autor gehört offensichtlich zu der seltenen Spezies der Freigeister; Menschen, die sich nicht beirren oder einschüchtern lassen. Dem Buch ist eine sehr, sehr breite Leser/innenschaft zu wünschen!

© Monika Gerstendörfer

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Das vergessene Gebot
Gott unterdrückt die Frauen

Rezension Nele Tabler: http://www.karnele.de/buecher2a.html

Am Anfang stand für mich die Frage: Warum schreibt ein Jurist ein Buch über die Bibel? Bleistift, Papier, Bibel und Konkordanz griffbereit fing ich an zu lesen und konnte nicht mehr aufhören, bis ich am Ende die Antwort fand:
Günther Rudolf kommt zu dem Schluss, dass die Bibel ein verfassungswidriges Pamphlet sei und auf die Liste der "Jugendgefährdenden Schriften" gehöre. Was im Klartext nichts anders bedeutet, als dass die Bibel nach den Gesetzen unseres Staates aus dem Verkehr gezogen werden müsste. Ganz ehrlich, bei allen Vorbehalten gegenüber der Kirche, SO habe ich das noch nie gesehen.
Seine Beweisführung scheint für mich - mit meinen laienhaften Kenntnissen sowohl auf juristischem als auch theologischem Gebiet - lückenlos, und ich frage mich, weshalb noch nicht längst ein Mensch versucht hat, die Bibel in unserem Staat verbieten zu lassen, und eine entsprechende Klage beim Bundesverfassungsgericht eingereicht hat.
Angeblich sollen Juristen ja eine trockene und stinklangweilige Sprache haben. Der Autor beweist das Gegenteil. Locker, flott und teilweise recht witzig dröselt er die Bibel Stück für Stück auf. Über Deborahs Mann, einen Herrn namens Lappidot, vermerkt er kurz und knapp, "nomen est omen". Der Ehemann war wohl ein "Waschlappen", anderenfalls wäre Deborah wohl nie zu einer Führerin Israels geworden.
"Frauen sind nur halb so viel wert wie Männer, siehe Preisliste im 3. Buch Moses", heißt es an anderer Stelle.
Mehr als einmal musste ich laut lachen, dabei war der Text insgesamt überhaupt nicht zum Lachen. Der ach so fromme Lot bot randalierendem Mob seine Töchter zur Vergewaltigung an. Moses ließ kurzerhand mal 100000 Frauen ermorden, Jakob kaufte sich gleich zwei Ehefrauen, auch wenn er nicht mit Geld, sondern mit Diensten bezahlte. - Völkermord, Aufschlitzen schwangerer Frauen, Entführung - Gewaltverbrechen an Gewaltverbrechen prägt die Heilige Schrift. Frauen werden pauschal als Dirnen bezeichnet und auch schon mal mit Schweinen verglichen.
Eva scheint strohdumm gewesen zu sein, heiliges Fleisch war zu gut für die Mägen unreiner Weiber - kein Wunder, wenn Frauen Vegetarierinnen werden. Und während selbst dem Esel ein freier Tag zugestanden wird, muss die Frau ununterbrochen arbeiten - nichts Neues für berufstätige Mütter.
Mehr als aufschlussreich sind auch die Anmerkungen über die Kirche nach Jesus: Da beschloss eine Synode im 4. Jahrhundert, dass Frauen weder Briefe schreiben noch empfangen dürften. Hundert Jahre zuvor verkündete ein gewisser Johannes Sowieso, seines Zeichens ein Kirchenvater: "Frauen sind dazu bestimmt, die Geilheit der Männer zu befriedigen."
"Die Frau ist ein Missgriff der Natur. Mit ihrem Feuchtigkeitsüberschuss und ihrer Untertemperatur körperlich und geistig minderwertiger. Sie ist eine Art verstümmelter, verfehlter,
misslungener Mann", verkündete der Heilige Thomas von Aquin und setzte noch eins drauf: "Ein männlicher Fötus ist nach vierzig Tagen ein Mensch, ein weiblicher nach 80 Tagen. Mädchen entstehen durch schadhaften Samen oder feuchte Winde..."
Der kürzlich verstorbene Papst Johannes Paul II hielt Selbstbefriedigung von Frauen für eine Todsünde, während sie für Männer ein notwendiges Übel sei... Von Luthers verbalen Ausfällen gegenüber Frauen will ich hier gar nicht reden. Katharina scheint ihm ziemlich zugesetzt zu haben und irgendwo musste der arme Mann sich ja abreagieren.
Trotzdem, mit der Unterzeile bin ich nicht einverstanden. Gott unterdrückt nicht die Frauen - schließlich hat er sie nach seinem Ebenbild erschaffen. Aber vielleicht sollte er mal das sogenannte Buch der Bücher zur gründlichen Überarbeitung aus dem Verkehr ziehen. Damit wir dann, wie Jutta Voss schrieb "...einen Christus zu entdecken, der uns vorenthalten wurde, einen Christus ohne Machtansprüche, einen brüderlichen Bruder, der sich an seinen Schwestern freut und ihre Gaben genießt, einen Mann, der ein heiles und ganzheitliches Frauenbild in seiner Seele entwickelt hat"

[*] Diese Rezension schrieb: Günther Rudolf (2005-06-05)

Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.


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