Es ist selten, dass ein Jugendbuchdebüt einer vorher wenig bekannten Schriftstellerin nicht nur in deren Heimatland zum Bestseller wird, sondern gleich in über 30 Sprachen übersetzt wird und es in weiteren 12 Ländern unter die TOP 10 schafft. Mit „Eleanor & Park“ ist dies der in Nebraska lebenden Rainbow Rowell gelungen.
Das muss daran liegen, dass es der Autorin auf eine ganz besondere Weise gelingt, Lebenswelten und Gefühle von Heranwachsenden einzufangen und zu beschreiben, ihnen eine Gestalt und einen Ausdruck zu geben, der jugendliche Leser anspricht, weil sie sozusagen in ihre Seele schaut.
Der Roman, der in den achtziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts spielt, erzählt die zarte und poetische Liebesgeschichte von Eleanor und Park. Außenseiter alle beide, begegnen sie sich zum ersten Mal im Schulbus, nachdem Eleanor mit ihrer Mutter, ihren Geschwistern und dem neuen Partner der Mutter in die Stadt gezogen ist. Eleanor ist pummelig, sie trägt gerne Männerkleidung und außergewöhnliche Accessoires und sie hat feuerrote Haare. Ihre Lebensumstände sind dramatisch. Mit ihren vier Geschwistern muss sie ich ein kleines Schlafzimmer teilen und immer Angst haben vor dem neuen Partner ihrer etwas haltlosen Mutter, der sie betrunken oft schlägt. Nie ist Geld da, selten etwas Richtiges zu essen, sie haben kein Telefon, es fehlt an allem. Vor allem an Zuwendung. Eleanor hat über die Jahre gelernt, sich anzupassen, nicht aufzufallen, sich unscheinbar zu machen und in der Familie keine Ansprüche zu stellen.
Park hingegen kommt aus recht stabilen Verhältnissen. Sein Vater stammt aus Irland, hat als Soldat der USA in Korea seine Frau kennengelernt und mit in die Staaten genommen. Als Halb-Koreaner ist Park in der Schule nicht voll integriert, wird aber meistens in Ruhe gelassen.
Ganz im Gegensatz zu Eleanor, die mit ihrem ersten Schultag in der neue Schule mit einem fürchterlichen Mobbing konfrontiert ist. Die Zustände an den Schulen und die Unmenschlichkeit, mit der sich dort Schüler gegenseitig das Leben schwer machen, ist neben der zauberhaften und ungewöhnlichen Liebesgeschichte zwischen Eleanor und Park ein Unterthema dieses Romans.
Dabei sieht es zunächst gar nicht so aus, dass die beiden sich näher kommen, als sich Eleanor zum ersten Mal im Schulbus neben ihn setzt. Park hört seine Musik und achtet gar nicht auf die Versuche des Mädchens, mit ihm in Kontakt zu kommen. Doch mit jedem Tag öffnen sich die beiden mehr füreinander und finden Gefallen aneinander.
In abwechselnden Kapiteln erzählt, erfahren wir, wie Eleanor und Park die jeweilige Situation erleben, und wir lesen auch viel über das bisherige Leben und die familiären Verhältnisse der beiden. So wie sich beide langsam immer besser kennenlernen – schon bald gestehen sie sich ihre Liebe – überwinden sie ein Hindernis nach dem anderen, die am Anfang wie eine hohe Mauer vor ihnen standen. So gibt etwa die Liebe zu Eleanor Park eine zuvor nie gekannte Kraft, aus sich herauszugehen, mutig sich für andere einzusetzen und sogar die Anerkennung seines Vaters zu gewinnen. Eleanor ihrerseits lernt erst durch Parks Liebe und Komplimente, so etwas wie ein Selbstbewusstsein zu entwickeln und findet ganz langsam zu sich selbst.
Doch es geht in diesem wunderbaren Buch nicht nur um jugendliche Liebe, sondern auch um zerrüttete Familienverhältnisse, unglaubliche Zustände an den Schulen, wo auch die Vertrauenslehrer nur noch wegsehen und immer wieder um den mutigen Widerstand dagegen.
Werden die beiden ehemaligen Außenseiter miteinander eine Chance, eine Zukunft haben? Das bleibt offen bis zur letzten Seite.
Rainbow Rowell, Eleanor & Park, Hanser 2015, ISBN 978-3-446-24740-6
[*] Diese Rezension schrieb: Winfried Stanzick (2015-02-09)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.