„Menschen denken in Geschichten. Das gilt für Erwachsene wie für Kinder. Geschichten ermöglichen, unterschiedliche Menschen und ihre Verhaltensweisen, die Beziehungen zwischen ihnen und deren Veränderung im Laufe der Zeit darzustellen und zu erfassen, erlebbar zu machen – Liebe und Streit, Glück und Unglück. Ein Mensch, der eine Geschichte hört oder liest, identifiziert sich – bewusst oder unbewusst – mit den Personen in dieser Geschichte. Die psychische Entwicklung des Einzelnen wird unter anderem davon bestimmt, in welchen Geschichten er sich selbst sieht oder erlebt. Wer sich als Akteur in einer Geschichte mit einem unglücklichen Ausgang sieht, wird anders handeln als derjenige, der sich in einer Geschichte mit einem glücklichen Ausgang sieht.“
Das ist ein Auszug aus dem Credo der Kinderbuchreihe des Carl Auer Verlags, in der das vorliegende Bilderbuch von Tony Ross erschienen ist. Es ist schon 1986 mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis ausgezeichnet worden und thematisiert die in jeder Kindheit irgendwann auftretende Angst vor Monstern.
Während der kleine Tommy vor dem Schlafengehen eine Geschichte vorgelesen bekommt, die von schrecklichen Ungeheuern handelt, treibt ein Monster mit seinem Raumschiff im Weltall sein Unwesen. Einen Planeten hat es schon fast ganz aufgefressen und nun kommt die Erde in sein Visier. Dort macht das Ungeheuer den kleinen Tommy aus, und nimmt ihn auf seinen Schirm. Der hat inzwischen seine Angst vor Ungeheuern ganz gut im Griff und sucht das Bad und sein Zimmer genauestens ab. Dann geht er schlafen.
Als Tommy sich am nächsten Morgen auf den Weg zur Schule macht, stürzt sich das Ungeheuer mit schauerlichem Gebrüll auf ihn….
… und muss entdecken, dass Tommy ein klein wenig größer ist als es gedacht hat.
Ein aufschlussreiches Nachwort für Eltern und Erzieher stellt in allen Bilderbüchern der Reihe Carl Auer Kids Inhalt und Darstellung in einen entwicklungspsychologischen Zusammenhang.
Gut, dass es dieses Buch nach über 25 Jahren nun wieder im Handel gibt.
Tony Ross, Ich komm dich holen, Carl Auer Verlag 2015, ISBN 978-3-8497-0051-5
[*] Diese Rezension schrieb: Winfried Stanzick (2015-04-16)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.