Howard Marks, der Protagonist des Films, der unter seinem Pseudonym „Mr. Nice“ bekannt wurde und jahrelang die britische Öffentlichkeit ob seiner vermeintlichen MI6 Mitgliedschaft zum Narren hielt, war lange Zeit Großbritanniens meistgesuchter Verbrecher, denn er wurde nicht nur für Drogenhandel, sondern auch für Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung, der IRA, gesucht und schließlich in den USA festgesetzt. In einem amerikanischen Hochsicherheitsgefängnis entstand dann seine Autobiographie, die erstmals 1996 erschien. Auf dem Zenit seiner Karriere soll Howard Marks fünfzig Tonnen Cannabis rund um die Welt verschifft haben und damit wohl zum Hauptlieferanten der westlichen Welt avanciert sein. Laut der Zeitschrift Focus (39/99) wurden damals zehn Prozent des Haschisch-Welthandels Howard Marks zugeschrieben. Das deutsche Nachrichtenmagazin Spiegel (53/98) spricht sogar von einem „Märtyrer der Haschischraucher“, denn Marks habe immerhin sieben Jahre lang für seine Verbrechen in einem Gefängnis gesessen. Dass er nach seiner Freilassung nichts anderes zu tun hatte, als sich für die Legalisierungsbewegung einzusetzen, wird als Aufhänger für diese amüsante britische Filmkomödie gewählt, die Marks vor großem Publikum zeigt, in der einen Hand ein Mikrophon, in der anderen Hand ein anderes Gerät. Das „Justizwunder Marks“ bestand aber vor allem darin, dem Gericht vorzutäuschen, er sei vom MI6 als Spion angeworben worden und habe im Auftrag des britischen Geheimdienstes gehandelt um a) den Drogenhandel und b) die IRA zu unterwandern.
„Während ich versuchte straight zu werden und mein Praktikumsjahr als Lehrer zu absolvieren, hatte Großbritannien ganz anderes im Sinn.“ Howard Marks wird eigentlich mehr oder weniger in die Sache hineingezogen, denn als er ein Begabten-Stipendium für die renommierte Oxford University erhält, schwant ihm von den dortigen Vorgängen noch nichts Böses. Bald aber schläft er sich kreuz und quer durch die Studentenheimbetten und baut über einen IRA-Kontaktmann einen riesengroßen Überseehandel mit den USA auf. Doch der wird ihm bald eine Nummer zu groß, denn der IRA-Mann entpuppt sich als Maniac, der selbst gerne bei den Drogen zulangt und sich bei einer Polizeikontrolle selbst in die Luft jagt. Natürlich nicht, ohne vorher noch einige Polizisten mit sich in den Tod zu reißen. Die Gewalt verherrlichende Darstellung dieser Szene, verknüpft mit dem schelmischen Grinsen des vor Gericht stehenden Howard Marks, hinterlässt einen bitteren Beigeschmack, wenn man bedenkt, dass es wohl ähnliche Ereignisse wirklich gab, dass nämlich Unschuldige zu Opfern wurden, in einem an und für sich schon ungerechten Kampf. Aber Film ist eben Film und da dürfen Knalleffekte natürlich nicht fehlen, und der IRA-Maniac wird ja auch meisterhaft gespielt, wenn auch reichlich überzogen, so doch sehr überzeugend.
Erst in den Neunzigern gelingt es Craig Lovato, von der US-Drogenbehörde DEA, Howard Marks in Palma zu stellen und die ganze Organisation auffliegen zu lassen. Ob das auch mit Marks` Autobiographie zu tun hatte, entzieht sich allerdings meinen Kenntnissen, aber vielleicht ist ihm sein Ruhm dann auch doch etwas zu schnell zu Kopf gestiegen. Aber wer mit Haifischen schwimmt, braucht sich dann nicht wundern, wenn ihm plötzlich ein Bein fehlt, zumal an ihm Blut klebt. Extras: Audiokommentare, exklusiv produziertes Interview mit Howard Marks, entfallene Szenen, Originaltrailer.
Bernard Rose (Regie)
Mr. Nice
Darsteller: Rhys Ifans, Cloë Sevigny, David Thewlis u.a.
DVD 118 Minuten
[*] Diese Rezension schrieb: juergen.weber (2012-01-06)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.