Eine wirklich wunderschöne, herzzerreißende Geschichte in der es um den Abschied dreier Geschwister von ihrem Vater geht, der vor seinem Tode lange Zeit alleine in einem Haus am Land gelebt hatte: „la casa“. Auch die drei Geschwister hatten als Kinder in diesem Haus oft gespielt. Damals lebte Mutter noch und rief immer in den Garten hinaus „Das Essen wird kalt!“, aber bald wurden die Kinder erwachsen und kamen immer weniger in das Haus, bis sie eigene Familien hatten und gar nicht mehr kamen. Jetzt kommen sie noch einmal dort zusammen und wollen sich von ihrem Vater und dem Haus verabschieden. Doch dann hat einer der beiden Brüder eine Idee.
Requiem für einen Vater
Das Alter Ego des Erzählers, José, ist einer der Brüder, der als Künstler arbeitet und auch auf seinen Bruder Vicente und seine Schwester Carla versöhnend einwirkt. Vom Nachbar ihres Vaters erfährt er, dass sein Vater immer vom Jüngsten geschwärt hätte und das war ausgerechnet José, was ihn verblüfft, da sein Vater sich ihm gegenüber immer zurückhaltend benommen habe. Aber auch José ist gegenüber seiner Frau, mit der er das Haus seines Vaters besucht, „zurückhaltend“: als er den Fön beim Auspacken fallen lässt und sie später bemerkt, dass er nicht mehr funktioniert, gesteht er ihr nicht, dass er ihn kaputt gemacht hat, sondern schweigt. Sie sieht ihn ohnehin als Tollpatsch und das will er wohl nicht noch bestärken. Als Kind hatte sein Vater immer in einem Feigenbaum gesessen, wenn er Hunger hatte, erzählt Manolo, der Nachbar des Vaters, José, aber dieser wuchs im neuen Garten einfach nicht richtig an.
Drei Geschwister und ein Haus
Der ältere Bruder, Vicente, ist mehr praktisch veranlagt, dafür sozial eher etwas inkompetent, wie sich im Umgang mit seinem Sohn herausstellt. Und auch wie sich im Umgang mit seinem Vater herausstellt. Denn das ist es, was ihm Carla, die gemeinsame Schwester nachträgt: dass er einfach alles allein entschieden hat. Damit muss er aber auch die Last alleine tragen. Oder doch nicht? Gemeinsam machen sich die drei Geschwister an die Errichtung der Pergola, denn das hatte sich ihr Vater immer gewünscht. Eigentlich kommen sie nur zusammen, um das Haus zu restaurieren, damit es einen besseren Preis am Markt erzielt. Aber dann kommt alles ganz anders und die drei Geschwister erreichen den Zustand der Gelassenheit, der auch ihren Vater schließlich mit der Welt wieder versöhnte.
„La casa“ ist das persönlichste Buch von Paco Roca da er damit auch den eigenen Verlust seines Vaters aufarbeitet. Der „letzte gemeinsame Spaziergang von Vater und Sohn“ ist aber auch eine Reise durch die Zeit und deren Vergehen. Außerdem sind von ihm bei Carlsen Comics erschienen: „Der Winter des Zeichners“, „Kopf in den Wolken“, „Die Heimatlosen“.
Paco Roca
La Casa
Aus dem Spanischen von André Höchemer?
Lettering: Minou Zaribaf
Font: Paco Roca
ISBN 978-3-95640-104-6?
128 Seiten, farbig, 17 x 24 cm, Hardcover
EUR 20,00
Reprodukt Verlag
[*] Diese Rezension schrieb: Jürgen Weber (2017-12-14)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.