Die Reihe „100 Seiten“ des Reclam Verlages widmet sich einem bestimmten Thema auf 100 Seiten: das Wichtigste zum Thema inklusive weitere Literaturhinweise und Tipps im Internet. Die Mafia hat viele Namen: N’drangheta, Sacra Corona Unita, Camorra, Cosa Nostra. Die Bezeichnungen beziehen sich auf lokale Zuweisungen, der Übergriff Mafia stammt zum Beispiel aus Sizilien, als die Bourbonen den Süden Italiens besetzt hielten, bot die Mafia Schutz vor der fremden Macht. Ein ebenso oft benutzter Name ist aber auch „die Familie“. Der amerikanische Anthropologe Edward C. Banfield bezeichnet das italienische Phänomen auch als „amoralischen Familismus“. Kurzum wie Reski zusammenfasst: „Die Familie ist an allem schuld!“
Ursprung und Verbreitung
Das italienische „famiglia“ meint aber nicht unbedingt Blutsverwandtschaft, sondern vielmehr die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Clan der Mafia. Es wird auch gerne innerhalb des Clans geheiratet, so bleiben Familiengeheimnisse auch tatsächlich in der Familie. Silvio Berlusconi’s Kinder wuchsen übrigens mit jenen des Mafiabosses Vittorio Mangano in seiner Villa San Martino auf und Mangano wurde als „Stalliere die Arcore“ bezeichnet, als Stallmeister, obwohl es in Berlusconis Villa gar keine Pferde gab, schreibt Petra Reski unter Zitierung eines Insiders. Petra Reski widmet sich aber auch den Anfängen und Ursprüngen der Mafia, übrigens ein arabisches Wort für „überheblich“ und „arrogant“, laut Reski nehmen die Mafiosi selbst dieses Wort aber ohnehin nicht in den Mund, sondern beziehen sich lieber auf ihre lokalen Ursprünge und verwenden die oben bereits erwähnten Begriffe.
Vergangenheit und Gegenwart
Die relativ späte Abschaffung des Feudalismus in Italien mit dem Jahre 1812 und der damit verbundene Großgrundbesitz sind sozialhistorisch für die Mafia verantwortlich, aber auch die Tatsache des verspäteten Nationalstaates. Sog. gabellotti (Verwalter) wurden von den oftmals weit entfernt wohnenden Adeligen eingesetzt, um ihre (südlichen) Ländereien zu verwalten. Das Gewaltmonopol des Staates wurde nicht anerkannt, da es ja keinen Nationalstaat gab, sondern von Fremdherrschern verwaltete territoriale Einheiten. Das Hauptaugenmerk des vorliegenden Mafiabuches von Petra Reski, die schon viel mehr dazu publiziert hat, liegt in vorliegender Publikation aber dann doch auf den jüngsten Ereignissen seit den Neunzigern, als die Richter Falcone und Borsellino ermordet wurden. Seither hat sich viel gegen die Mafia getan, wie man unlängst auch immer wieder in den Schlagzeilen hört, wenn spektakuläre Verhaftungen von alternden Mafiabossen vermeldet werden. Dabei sei die Mafia längst im Herzen der Gesellschaft angekommen, so Reski. Eine muntere Einführung zum Thema auf 100 Seiten, der neuen Reihe des Reclam Verlages, zu den Themen unserer Zeit.
Reski, Petra:
Mafia. 100 Seiten
Originalausgabe
Broschiert. Format 11,4 x 17 cm
100 S. 3 Abb. und Infografiken
ISBN: 978-3-15-020525-9
Reclam Verlag
10,00 €
[*] Diese Rezension schrieb: Jürgen Weber (2018-12-06)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.