Schon Jesus sagte, dass der sein Leben gewinnt, der es verliert (loslässt) und der sein Leben verliert, der es festhält. Ein Grundgedanke der materialistischen Welt gegenüber, der in jeder Religion eine zentrale Bedeutung einnimmt.
Allerdings auch ein Gedanke, der nicht unbedingt religiöse Hintergründe oder Erfahrungen braucht, sondern der in den letzten Jahrzehnten mehr und mehr auch in therapeutischen Kontexten hilfreich genutzt werden konnte.
Beides bringt Elisabeth Reisch in ihrem Buch der „Z Schritte für mehr innere Freiheit“ zusammen. Zum einen buddhistische Überlieferung und Erkenntnisse, zum zweiten therapeutisches Arbeiten mit Klienten.
Nun ist die Literatur an Ratgebern, die empfiehlt, sich selbst, zumindest aber bestimmte Wünsche loszulassen, bereits Legion und so ganz scheint das mit der Umsetzung nicht zu funktionieren. Aber auch hier beschreitet Elisabeth Reisch einen ungewohnten, wenn auch nicht neuen Weg. Wünsche, Sehnsüchte und damit, ein stückweit, auch sich selber loszulassen ist in ihren Augen keine Frage einer freien Willensentscheidung. Denn zum größten Teil werden wir in den wesentlichen Ausformungen unseres Lebens gar nicht von unserem Willen, sondern von uns kaum zugänglichen Unterbewussten geprägt.
So besteht der grundlegende und wichtigste Schritt des Programmes von Elisabeth Reisch auch nicht in einer hart erarbeiteten Entscheidung und deren Umsetzung mittels tiefer Disziplin, sondern in einem Akt des sich zunächst „nicht mehr Wehrens“ gegen die eigenen Person samt ihrer Wünsche, auch der irrationalen Wünsche.
Durch die bedingungslos Annahme der eigenen Person und der eigenen Wünsche (wie auch Carl Rogers es als Grundlage der Gesprächstherapie formulierte) kommt dann allerdings ein fließendes, freies Element in eigene erstarrte Fixierungen und auf diesem Wege der Annahme der vielen Wünsche erfolgt eine Auflösung derselben und Freiheit von der eigenen Fixierung auf das ständige Wollen und Wünschen.
Eine Vielzahl von nachvollziehbaren Fallbeispielen im Buch stützt diese Erfahrung.
Über die sieben Schritte der Selbstakzeptanz, des Mitgefühls, der Dankbarkeit, der Mitfreude, des Mutes und des Loslassens erfolgt so eine tiefgreifende innere Freiheit für ein Leben im Hier und Jetzt, den Tatsachen und Realitäten des eigenen Lebens entsprechend. Es wird nicht mehr das eigene Leben durch ständige Wünsche in eine mögliche Zukunft verlagert, sondern der eigenen Person wird es dann möglich, die vorhandenen Qualitäten jetzt zu leben, statt diese immer ins Hintertreffen gegenüber wunschorientierten Fantasien zu stellen.
„Ich will…. Und entdecke die Kunst der Widerstandslosigkeit“ bildet hier sicherlich eine Schlüsselkompetenz im Programm von Elisabeth Reisch.
Ein interessanter Ansatz, ein in sich schlüssiges Konzept, das sich jahrhundertealte Erfahrungen religiöser Traditionen, vor allem des Buddhismus, zu Nutze macht. Natürlich aber ist das Buch kein Selbstheilmittel, sondern kann im besten Falle nur dazu verhelfen, einen Weg für sich zu entdecken, der dann aber auch mit Energie, Disziplin und Geduld gegangen werden will. Leider können so manche Aussagen im Buch missverstanden werden im Sinne eines „Mach ich jetzt einfach mal“. Das aber wäre eine zu hohe Erwartung an die Wirkung des Buches.
[*] Diese Rezension schrieb: Michael Lehmann-Pape (2010-07-18)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.