Ada, die Protagonistin des neuen Romans von Annika Reich ist von Beruf Kamerafrau. Von dem ägyptischen Vater ihrer Tochter Fanny, Farid, ist sie geschieden und hadert damit, dass der mit der gemeinsamen Tochter so locker und ungezwungen umgeht, während sie total unsicher ist und sich sehr schwer mit ihr tut. Um ihren Lebensunterhalt auch nur einigermaßen zu bestreiten, ist sie gezwungen Jobs anzunehmen, die sie eigentlich anwidern.
Gerade ist sie an einem Theaterprojekt beteiligt, das echte realtime Szenen aus den Familien der am Projekt Beteiligten avantgardistisch auf die Bühne bringen will. Es erschließt sich auch nach mehrmaligen Lesen nicht recht, was der Sinn dieses skurrilen Unterfangens sein soll.
Eine zweite Frau, die in dem Roman eine tragende Rolle spielt, ist Farids Schwester Sira. In Deutschland aufgewachsen und dort zu Hause, reist sie eines Tages nach Ägypten, sieht sich dort mit der Arabellion konfrontiert und gerät in erhebliche innere Konflikte. Wo gehört sie wirklich hin?
Dass dies auch das Thema von Ada ist, wird in dem kleinen Roman immer wieder deutlich und ich habe mich beim Lesen oft an den Roman „Durch den Wind“ aus dem Jahr 2010 erinnert, in dem vier Frauen regelrecht unfähig sind , ihr Leben wirklich in die Hand zu nehmen, für die richtigen und rechtzeitigen Weichenstellungen zu sorgen, sich einfach einmal zu entscheiden und über den ich in einer Rezension schrieb:
„Je mehr man in seinem Leben, das ist meine Quintessenz, den Gegensatz von Freiheit auf der einen und persönlicher Geborgenheit auf der anderen Seite aufbaut, desto mehr wird man weder das eine noch das andere erleben.“
Hatte Annika Reich dann 2012 in „34 Meter über dem Meer“ diesen Gegensatz in ihren Personen aufgelöst, wenn auch nicht gelöst, handeln im neuen Buch wieder Frauen, die ihr Leben einfach nicht auf die Reihe bekommen. Warum eigentlich ?
Annika Reich, Die Nächte auf ihrer Seite, Hanser 2015, ISBN 978-3-446-24766-6
[*] Diese Rezension schrieb: Winfried Stanzick (2015-05-04)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.