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Dee Dee Ramone - Chelsea Horror Hotel
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Ramone, Dee Dee - Chelsea Horror Hotel bestellen
Ramone, Dee Dee:
Chelsea Horror Hotel

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(Bücher frei Haus)

„one-chew-free-faw“(one-two-three-four): Denn das einzig Positive an ihm ist mit großer Wahrscheinlichkeit sein HIV-Wert”, resümiert Dee Dee „Bunny“ Ramone in seinem “Chelsea Horror Hotel” - Roman über seinen – neben seinem Terrier Banfield – wohl einzigen Freund, den Sandler Mike, in dieser kalten amerikanischen Stadt, New York City. „That’s the way it goes/The city is so cold/And I`m so sold“, heißt es ja auch in einem der größten Hits von Johnny Thunders, „Born To Lose”, und dieser Titel spielt eben so wenig wie dessen Urheber nur eine Gastrolle in diesem abgründigen Rock`n´Roll Epos über Leben und Sterben im Chelsea Hotel in der 23rd Street in New York. Das wirkliche Chelsea Hotel hat es in den letzten 50, 60 Jahren ja schon zu einiger Berühmtheit gebracht. Arthur C. Clarke soll hier „2001: A Space Odyssey“ geschrieben haben, Bob Dylan sein Album „blonde on blonde“, Dylan Thomas 18 Gläser Whiskey getrunken und ins Koma gefallen und Leonhard Cohen einen Blowjob von Janis Joplin bekommen haben. Auch Jack Kerouac soll Teile seines „On the Road“ - Romans im Chelsea geschrieben haben. Robert Mapplethorpe und Patti Smith hatten im Chelsea gelebt und Sid Vicious und Nancy Spungen sind dort gestorben. Außergewöhnlich auch der Künstler Alphaeus P. Cole, der im Chelsea Hotel 35 Jahre lebte und erst im Alter von 112 Jahren ebendort verstarb. Aber selbstverständlich ist das Chelsea Hotel nicht mit dem von Dee Dee Ramone beschriebenen Chelsea Horror Hotel zu verlwechsern, wie die lavendelfarbene Coverabbildung schon verrät, geht es hier vielmehr um eine Halloween-Ausgabe der Simpsons, oder besser gesagt der Ramones.

Ein Ramone mit Humore
Wer Dee Dee Ramones Roman liest, würde es ohnehin nicht glauben können, dass man in so einem Hotel wie dem Chelsea alt werden hätte können. Zählt man die Hunde mit, kommt der Roman nämlich annähernd auf mindestens ein Dutzend Leichen, vor allem auch wegen der ganzen Rock`n´Roll Legenden die in ihm eine dankbare Rolle spielen. Dee Dee, der Bassist und Songwriter der bekanntesten New Yorker Punk Band, den Ramones, Sohn einer deutschen Mutter und eines GI, bindet den Leser in eine rasante Untergrund- und Höllenfahrt ein, wie es wohl noch keinem anderen Punkmusiker bisher gelungen ist. Dee Dee Ramone, der nicht nur für den Bandnamen der Ramones verantwortlich zeichnet, sondern auch deren Einzähler (sein „one-chew-free-faw“(one-two-three-four). vor jedem Ramones-Song ist legende) und Hauptkomponist war, schrieb nach seinem Rausschmiss nicht nur zwei Romane, sondern malte auch. Mit der Solokarriere sollte es aber nie so richtig klappen. Sein Vokabular im vorliegenden Roman reicht von Kotter über Kotze bis klebrig und mit letzterem meint er besonders das Leitungswasser von New York, mit dem er mehrmals erfolglos versucht, sich den Dreck der Stadt abzuwaschen, denn er ist ja eigentlich ohnehin viel zu nett für New York. „Ich weiß echt nicht was ich tun soll. Dann noch mit meinen Schulden, dem Hund, meiner Vergangenheit als Ex-Ramone. Kein Wunder, dass ich mich wie Scheiße fühle und jeden Tag eine Dreiviertelliterflasche Whisky vernichte. Na ja, immerhin muss ich nicht in L.A. wohnen.“ Aber Sterben, wie sich später noch herausstellen sollte. Mit einer Art Mischung aus Münchhausen und Simplicissimus erzählt Dee Dee Ramone seine ganz eigene humorvolle Geschichte seiner letzten Lebensjahre in New York.

Nonsens nonstop
„Nonsens nonstop“, schreibt er, denn nicht nur sein Drogenkonsum, auch seine Phantasie kennt keine Grenzen. Sein Parforce-Ritt durch die New Yorker Unterwelt, die sich hauptsächlich im Keller des Chelsea (Horror) Hotels abspielt hat eine Geschwindigkeit und Komik, wie man sie nur selten in der angloamerikanischen Literatur findet. Seine Songs waren ja auch alles Zweiminüter, so war das beim Punk eben: Live hard, die young. Moment mal, Literatur? „Das war jetzt ein super Anlass, mich zuzudröhnen!“ Ein paar Zeilen weiter: „Mit anderen Worten: Ich war startklar, für den Rest des Tages voll auf die Tube zu drücken.“ Und damit ist natürlich Heroin gemeint, auch wenn sich das nur selten in Tuben finden lässt. Am Höhepunkt des Romans spielt Dee Dee mit Sid Vicious und eingangs schon erwähntem Johnny Thunders die Drückerhymne Nr. 1, „Chinese Rocks“, die Kanalratten und Tiger-Lepra verseuchten Schmierläuse, Kakerlaken und Ratten tanzen ebenso dazu, wie das vom Rezeptionisten Stanley Bard angeforderte Squat-Team. Denn wenn die S.K.U.L.L.S im Basement aufspielen, dann will jeder noch einen Platz in der ersten Reihe ergattern. „I am livin´ on a Chinese Rock/Everything is in the pawn shop/The plaster´s fallen off the wall/refrain (3x).”

RIP: Dee Dee „Bunny“ Ramone
„Sei ein braves Häschen, es wird schon wieder, es wird alles gut“, versucht den gestressten, ge-hassle-ten Dee Dee sein Nachbar zu trösten, denn die Ramones hatten Dee Dee schon damals in seinen besseren Zeiten mit dem Spitznamen „Bunny“ versehen. Das kann man jetzt natürlich so oder so interpretieren, aber sicher nicht wie man zuerst denkt. „Gott, es tut mir echt leid, dass ich bin, was ich bin. Ich brauche einfach mal eine Auszeit, Mann. Bitte schick mich irgendwohin auf Urlaub, Amsterdam wäre doch zum Beispiel ganz gut.“ Dee Dee Ramone wollte weder in den Himmel noch in die Hölle, aber seinem Lebenswandel nach zu urteilen, wird sein Gebet dann nicht allzu viel genützt haben. Der sympathische mit sich selbst sprechende 50er, der nicht nur mit seinem Hund, Gott und Mike dem Sandler gerne sprach, starb 2002 an einer Überdosis Heroin und geistert seither wohl ebenso im Chelsea Horror Hotel umher, wie sein Leidensbruder Sid Vicious oder wie sie alle hießen, all die anderen Opfer Satans aka Heroin. „My girlfriend´s cryin´ in the shower stall/It´s hot as bitch/I should´ve been rich/But I am just diggin´ a Chinese ditch/I am living on a Chinese Rock.” 10 Jahre RIP Dee Dee „Bunny“ Ramone, der ausgerechnet in Hollywood (L.A., das er so sehr hasste) sterben musste. († 5. Juni 2002)

Gratulation an den österreichischen Milena-Verlag für diese mutige Veröffentlichung! Weitere Pop und natürlich auch "seriöse" Literatur unter: http://www.milena-verlag.at/

[*] Diese Rezension schrieb: Jürgen Weber (2012-06-17)

Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.


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