Der neue Film von Fatih Akin “SOUL KITCHEN“ hat im September in Venedig bereits den Spezialpreis der Jury eingeheimst, noch bevor er überhaupt in Deutschland oder Österreich gelaufen wäre. Der reguläre Filmstart ist eigentlich erst der Weihnachtstag, der 25.12.2009, aber wer schon ein paar Vorabinformationen schnuppern möchte, kann natürlich auch die Homepage des Films konsultieren http://soul-kitchen-film.com . Den Hamburgern wurde „ihr“ Heimatfilm zwar auch schon gezeigt, aber der restliche deutschsprachige Raum muss wohl noch etwas warten. Dafür wird Weihnachten dieses Jahr umso schöner, denn man kann immerhin den besten deutschen Schauspieler in einer Nebenrolle bewundern: Birol Ünel spielt einen Gourmetkoch und man wünschte sich, er würde etwas mehr von seinen Leckereien, die er im Film kocht, für sich selbst zubereiten, so dünn ist der! Ach ja, Moritz Bleibtreu spielt auch mit und zwar als (Knast-)Bruder Illias, der übrigens auch im Buch vorkommt. Als weiterer quasi Gueststar spielt aber auch Captain Iglo in einer Nebenrolle mit!
Ansonsten sollte man aber vom Buch auf keinen Fall auf den Film schlieβen. Eine Schwalbe macht schlieβlich auch noch keinen Sommer. Tatsächlich hat der Filmregisseur selbst zwar eine gönnerische Kritik geschrieben, aber leider reicht die Vorgeschichte bei weitem nicht an die eigentliche Erzählung des Films heran. „Jasmin Ramadans Roman ist das fehlende Puzzlestück, er macht die Geschichte meines Films rund. Dabei sprudeln die Ideen nur so aus ihr heraus, herrliche Geschichten, auf die ich nicht gekommen wäre. Sehr witzig, sehr traurig, sehr frivol“, schreibt Fatih Akin und man wünschte sich, dass von dieser Kritik noch etwas Anderes auβer den Vornamen tatsächlich im Roman auftauchen würde. Zinos ist aber auch tatsächlich noch um einiges jünger, man möchte fast sagen in seiner Pubertät und dementsprechend dürfte sich auch diese Altersklasse vom Roman angesprochen fühlen. Ich möchte es mal die „Ibizapartypeoplegeneration“ nennen, denn es geht hauptsächlich um Sex, Drogen und das Erwachsenwerden.
„Besser arm an Land als reich auf See“ ist nur einer der markigen Sprüche, die die junge Autorin, Jasmin Ramadan, in ihrem rasanten „Pastitsio“ aus Fear and Loathin‘ in Las Vegas, Barbarella, The Beach und anderen Aussteigerromanen vorlegt. Sex wird etwa mit Autofahren verglichen: „Zinos fühlte sich wie das schnellste Auto der Welt und Bo wusste, wie man es fuhr“, Drogenkonsum mit Kopfweh und Übelsein und der „RocknRoll“ als Soundtrack zum Buch wird von Prince in einer etwas funkigen Version beigesteuert. Dabei sollte man übrigens durchaus an die ursprüngliche Bedeutung des Wortes „Funk“ denken. Ab und zu vergieβt Zinos dann auch ein paar Tränen der Erleuchtung, mitnichten der Erleichterung, oder wünscht sich nichts sehnlicher als eine Lederjacke, die ihm sein Chef zum Rausschmiss (!) dann auch noch tatsächlich schenkt. Auf die Art und Weise ist es ganz leicht, erwachsen zu werden, denn Zinos weiβ bald nicht mehr wohin. „Ich wäre in Zukunft lieber mit dir als ohne dich unglücklich“, wäre dann noch so ein Satz, wo man sich wieder überlegt, wie die Autorin das denn nun wirklich meint. Da ist die Botschaft, die Zinos Tante verkündet dann doch sehr viel einleuchtender, nämlich, niemals mit einer Frau zusammen sein zu sollen, die einem keine Briefe schreibt. Missverständnisse inbegriffen selbstverständlich… „Du stehst mitten im Leben, solange du jederzeit abreisen kannst. Du solltest deine Sachen immer schon gepackt haben, solange du auf meinem Schiff bist.“ Guter Rat kommt manchmal eben gar nicht teuer, zumal auch Ramadan weiβ, dass Altruismus eine Illusion ist und man im Endeffekt eh alles für sich selbst macht oder eben „getarnter Egoismus“ ist. Kein Egoismus ist eben gröβer als die Liebe, das muss auch Zinos bald an der eigenen Haut erfahren.
Die Reisestationen dieses groβherzig als Road Movie angelegten Dreigroschenromans sind neben den griechischen Inseln, auch ein Hamburger Bordell und schließlich die Karibikinsel Adios, wo sich Zinos bereits im Paradies wähnt, wenn es da nicht bösartige Pharmakonzerne und eine sexhungrige AIDS-Kranke gäbe. Nach Zinos‘ Odyssee kehrt er jedenfalls gerne wieder auf den Kiez in Hamburg zurück und beschließt, ein Restaurant, das „Soul Kitchen“, zu eröffnen. Gottseidank gibt es eine herzliche Puffmutter, die ihn nicht nur an ihr Herz drückt, sondern auch noch eines hat: sie borgt ihm die fehlende Million und erlässt ihm bald auch die Schulden. Wenn das Buch vor dem Sommer erschienen wäre, könnte man es sich damit auf einer griechischen Insel, wo einem die Sonne ohnehin schon das Gehirn herausgebrannt hat, auch ganz gut gemütlich machen, da wir es aber schon Herbst haben, möchte ich die Literatur desselben eventuell nach einem Saunagang empfehlen. Da im Buch eine Menge Rezepte der mediterranen Küche abgedruckt sind, eignet es sich bestens, um damit – nach selbiger Sauna - auch Appetit zu kriegen. Aber sicher nicht auf Sex, Drogen und das Erwachsenwerden, sondern vielmehr auf heiβen Kanarienvogel zum Beispiel oder Ochsenschwanzsuppe mit Linsen, Schmortopf Adios und kleine frittierte Fische. Das Original-Hörspiel zum Film erscheint bei GoyaLiT aus dem Hause JUMBO und enthält das Filmhörspiel, sowie es die Originalstimmen der Darsteller mit Erzählerpassagen, gesprochen von Zinos-Darsteller Adam Bousdoukos, verwebt.
Jasmin Ramadan
Soul Kitchen
Der Geschichte erster Teil – das Buch vor dem Film
Roman